Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kempelen, Wolfgang von: Mechanismus der menschlichen Sprache. Wien, 1791.

Bild:
<< vorherige Seite


Von den Werkzeugen der Sprache.
Druck der fremden Luft zu überwältigen. Dieses
Abwechseln zwischen Nachgeben und Widersträuben
geschieht mit äusserster Geschwindigkeit, und verur-
sachet ein überaus schnelles Zittern und Beben in
der zwischen beyden Löchern enthaltenen Luft, wel-
ches dann immer der eigentliche und einzige Grund
des Schalles ist.

Von diesem mechanischen Versuche läßt sich nun
die Anwendung auf das Pfeiffen mit dem Munde
ganz leicht machen. Die Lippen sind bis auf eine
kleine Oeffnung, die sie in der Mitte lassen, ge-
schlossen, und stellen also den einen durchlöcherten
Boden des erwähnten Bichschens vor. Die Zun-
ge, die sich mit ihrem mittleren Theile an den
Gaumen anlegt, und daselbst nur in der Mitte ei-
ne kleine Rinne für die Luft offen läßt, kann mit
dem anderen durchlöcherten Boden des Büchschens
verglichen werden, der Raum zwischen den Lippen
und der Zunge ist der innere Raum des meßinge-
nen Büchschens. Bey einer solchen Lage mag man
die Luft von innen herausstossen, oder von aussen
an sich ziehen, so gibt es einen Laut, wie ihn die

Am-


Von den Werkzeugen der Sprache.
Druck der fremden Luft zu uͤberwaͤltigen. Dieſes
Abwechſeln zwiſchen Nachgeben und Widerſtraͤuben
geſchieht mit aͤuſſerſter Geſchwindigkeit, und verur-
ſachet ein uͤberaus ſchnelles Zittern und Beben in
der zwiſchen beyden Loͤchern enthaltenen Luft, wel-
ches dann immer der eigentliche und einzige Grund
des Schalles iſt.

Von dieſem mechaniſchen Verſuche laͤßt ſich nun
die Anwendung auf das Pfeiffen mit dem Munde
ganz leicht machen. Die Lippen ſind bis auf eine
kleine Oeffnung, die ſie in der Mitte laſſen, ge-
ſchloſſen, und ſtellen alſo den einen durchloͤcherten
Boden des erwaͤhnten Bichschens vor. Die Zun-
ge, die ſich mit ihrem mittleren Theile an den
Gaumen anlegt, und daſelbſt nur in der Mitte ei-
ne kleine Rinne fuͤr die Luft offen laͤßt, kann mit
dem anderen durchloͤcherten Boden des Buͤchschens
verglichen werden, der Raum zwiſchen den Lippen
und der Zunge iſt der innere Raum des meßinge-
nen Buͤchschens. Bey einer ſolchen Lage mag man
die Luft von innen herausſtoſſen, oder von auſſen
an ſich ziehen, ſo gibt es einen Laut, wie ihn die

Am-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0181" n="141"/><lb/>
<fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Von den Werkzeugen der Sprache.</hi></fw><lb/>
Druck der fremden Luft zu u&#x0364;berwa&#x0364;ltigen. Die&#x017F;es<lb/>
Abwech&#x017F;eln zwi&#x017F;chen Nachgeben und Wider&#x017F;tra&#x0364;uben<lb/>
ge&#x017F;chieht mit a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;er&#x017F;ter Ge&#x017F;chwindigkeit, und verur-<lb/>
&#x017F;achet ein u&#x0364;beraus &#x017F;chnelles Zittern und Beben in<lb/>
der zwi&#x017F;chen beyden Lo&#x0364;chern enthaltenen Luft, wel-<lb/>
ches dann immer der eigentliche und einzige Grund<lb/>
des Schalles i&#x017F;t.</p><lb/>
            <p>Von die&#x017F;em mechani&#x017F;chen Ver&#x017F;uche la&#x0364;ßt &#x017F;ich nun<lb/>
die Anwendung auf das Pfeiffen mit dem Munde<lb/>
ganz leicht machen. Die Lippen &#x017F;ind bis auf eine<lb/>
kleine Oeffnung, die &#x017F;ie in der Mitte la&#x017F;&#x017F;en, ge-<lb/>
&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en, und &#x017F;tellen al&#x017F;o den einen durchlo&#x0364;cherten<lb/>
Boden des erwa&#x0364;hnten Bichschens vor. Die Zun-<lb/>
ge, die &#x017F;ich mit ihrem mittleren Theile an den<lb/>
Gaumen anlegt, und da&#x017F;elb&#x017F;t nur in der Mitte ei-<lb/>
ne kleine Rinne fu&#x0364;r die Luft offen la&#x0364;ßt, kann mit<lb/>
dem anderen durchlo&#x0364;cherten Boden des Bu&#x0364;chschens<lb/>
verglichen werden, der Raum zwi&#x017F;chen den Lippen<lb/>
und der Zunge i&#x017F;t der innere Raum des meßinge-<lb/>
nen Bu&#x0364;chschens. Bey einer &#x017F;olchen Lage mag man<lb/>
die Luft von innen heraus&#x017F;to&#x017F;&#x017F;en, oder von au&#x017F;&#x017F;en<lb/>
an &#x017F;ich ziehen, &#x017F;o gibt es einen Laut, wie ihn die<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Am-</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[141/0181] Von den Werkzeugen der Sprache. Druck der fremden Luft zu uͤberwaͤltigen. Dieſes Abwechſeln zwiſchen Nachgeben und Widerſtraͤuben geſchieht mit aͤuſſerſter Geſchwindigkeit, und verur- ſachet ein uͤberaus ſchnelles Zittern und Beben in der zwiſchen beyden Loͤchern enthaltenen Luft, wel- ches dann immer der eigentliche und einzige Grund des Schalles iſt. Von dieſem mechaniſchen Verſuche laͤßt ſich nun die Anwendung auf das Pfeiffen mit dem Munde ganz leicht machen. Die Lippen ſind bis auf eine kleine Oeffnung, die ſie in der Mitte laſſen, ge- ſchloſſen, und ſtellen alſo den einen durchloͤcherten Boden des erwaͤhnten Bichschens vor. Die Zun- ge, die ſich mit ihrem mittleren Theile an den Gaumen anlegt, und daſelbſt nur in der Mitte ei- ne kleine Rinne fuͤr die Luft offen laͤßt, kann mit dem anderen durchloͤcherten Boden des Buͤchschens verglichen werden, der Raum zwiſchen den Lippen und der Zunge iſt der innere Raum des meßinge- nen Buͤchschens. Bey einer ſolchen Lage mag man die Luft von innen herausſtoſſen, oder von auſſen an ſich ziehen, ſo gibt es einen Laut, wie ihn die Am-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kempelen_maschine_1791
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kempelen_maschine_1791/181
Zitationshilfe: Kempelen, Wolfgang von: Mechanismus der menschlichen Sprache. Wien, 1791, S. 141. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kempelen_maschine_1791/181>, abgerufen am 23.11.2024.