welche die Platanen mit ihren saftgrünen Laubmassen ihr durchsichtiges und doch kräftiges Helldunkel hernieder senkten.
Je ungewohnter der Anblick dieses Bildes war, das mit seiner Zusammenstellung des Marmorbrunnens und der weißen Frauengestalt eher der idealen Erfindung eines müßigen Schöngeistes, als wirklichem Leben glich, um so ängstlicher wurde es dem gefangenen Reinhart zu Muth, der wie eine Bildsäule staunend zu Pferde saß, bis dieses, ein gutes Unterkommen witternd, urplötzlich aufwieherte. Stutzend forschte die schlanke Dame nach allen Seiten und entdeckte endlich den verlegenen Reitersmann hinter dem goldenen Gewebe des leichten Gitterthörchens. Er bewegte sich nicht, und nachdem sie eine Weile verwunderungsvoll hingesehen, eilte sie zur Stelle, wie um zu erfahren, ob sie wache oder träume. Als sie sah, daß sich alles in bester Wirklichkeit verhielt, öffnete sie mit unmuthiger Bewegung das Gitter und sah ihn mit fragendem Blick an, der ihn einlud: ob es ihm vielleicht nunmehr belieben werde, mit den vier Hufen seines Pferdes aus dem mi߬ handelten Garten herauszuspazieren? Zugleich aber zog sie sich eilig an ihren Brunnen zurück, eine Handvoll Rosen erfassend und der Dinge gewärtig, die da kommen sollten.
Endlich stieg Reinhart ab, und seinen Miethgaul demüthig hinter sich herführend, überreichte er der reiz¬ vollen Erscheinung, sie fortwährend anschauend, ohne
welche die Platanen mit ihren ſaftgrünen Laubmaſſen ihr durchſichtiges und doch kräftiges Helldunkel hernieder ſenkten.
Je ungewohnter der Anblick dieſes Bildes war, das mit ſeiner Zuſammenſtellung des Marmorbrunnens und der weißen Frauengeſtalt eher der idealen Erfindung eines müßigen Schöngeiſtes, als wirklichem Leben glich, um ſo ängſtlicher wurde es dem gefangenen Reinhart zu Muth, der wie eine Bildſäule ſtaunend zu Pferde ſaß, bis dieſes, ein gutes Unterkommen witternd, urplötzlich aufwieherte. Stutzend forſchte die ſchlanke Dame nach allen Seiten und entdeckte endlich den verlegenen Reitersmann hinter dem goldenen Gewebe des leichten Gitterthörchens. Er bewegte ſich nicht, und nachdem ſie eine Weile verwunderungsvoll hingeſehen, eilte ſie zur Stelle, wie um zu erfahren, ob ſie wache oder träume. Als ſie ſah, daß ſich alles in beſter Wirklichkeit verhielt, öffnete ſie mit unmuthiger Bewegung das Gitter und ſah ihn mit fragendem Blick an, der ihn einlud: ob es ihm vielleicht nunmehr belieben werde, mit den vier Hufen ſeines Pferdes aus dem mi߬ handelten Garten herauszuſpazieren? Zugleich aber zog ſie ſich eilig an ihren Brunnen zurück, eine Handvoll Roſen erfaſſend und der Dinge gewärtig, die da kommen ſollten.
Endlich ſtieg Reinhart ab, und ſeinen Miethgaul demüthig hinter ſich herführend, überreichte er der reiz¬ vollen Erſcheinung, ſie fortwährend anſchauend, ohne
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welche die Platanen mit ihren ſaftgrünen Laubmaſſen
ihr durchſichtiges und doch kräftiges Helldunkel hernieder
ſenkten.
Je ungewohnter der Anblick dieſes Bildes war, das
mit ſeiner Zuſammenſtellung des Marmorbrunnens und
der weißen Frauengeſtalt eher der idealen Erfindung eines
müßigen Schöngeiſtes, als wirklichem Leben glich, um ſo
ängſtlicher wurde es dem gefangenen Reinhart zu Muth,
der wie eine Bildſäule ſtaunend zu Pferde ſaß, bis dieſes,
ein gutes Unterkommen witternd, urplötzlich aufwieherte.
Stutzend forſchte die ſchlanke Dame nach allen Seiten und
entdeckte endlich den verlegenen Reitersmann hinter dem
goldenen Gewebe des leichten Gitterthörchens. Er bewegte
ſich nicht, und nachdem ſie eine Weile verwunderungsvoll
hingeſehen, eilte ſie zur Stelle, wie um zu erfahren, ob
ſie wache oder träume. Als ſie ſah, daß ſich alles in
beſter Wirklichkeit verhielt, öffnete ſie mit unmuthiger
Bewegung das Gitter und ſah ihn mit fragendem Blick
an, der ihn einlud: ob es ihm vielleicht nunmehr belieben
werde, mit den vier Hufen ſeines Pferdes aus dem mi߬
handelten Garten herauszuſpazieren? Zugleich aber zog
ſie ſich eilig an ihren Brunnen zurück, eine Handvoll
Roſen erfaſſend und der Dinge gewärtig, die da kommen
ſollten.
Endlich ſtieg Reinhart ab, und ſeinen Miethgaul
demüthig hinter ſich herführend, überreichte er der reiz¬
vollen Erſcheinung, ſie fortwährend anſchauend, ohne
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Keller, Gottfried: Das Sinngedicht. Berlin, 1882, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_sinngedicht_1882/41>, abgerufen am 21.11.2024.
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