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Keller, Gottfried: Das Sinngedicht. Berlin, 1882.

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möglich, mit dem Gesichte so gewendet, daß die Zambo
ihn sehen und hören mußte. Kaum hatte er auch den
Namen Don Correa in die Lüfte gesendet, so horchte sie
auf und verwandte kein Auge mehr von ihm, bis sie
plötzlich sein Gesicht erkannte und ein Freudestrahl in ihren
Augen aufleuchtete.

In diesem Momente trat aber eine lange Priorin
oder Chormeisterin, oder dergleichen hervor, die sagte:
"Was schreit und klatscht denn die Dirne? Wie kommt
sie in den Garten herein, und was weiß und hat sie von
einem Vicekönig zu plaudern?"

Und sie schritt noch näher heran und streckte die dürre
Hand, an welcher ein Paternoster hing, nach dem Rock¬
ärmel des verkleideten Pagen aus, der aber inzwischen
schnell zu bewerkstelligen wußte, daß der Esel hinten aus¬
schlug, der Korb auf den Boden fiel und die Orangen
umher rollten. Während ein Theil der Nonnen nach den
Orangen lief, der andere vor dem ausschlagenden Esel
floh, machte Luis mit aufgeschürztem Rocke, daß er aus
den Klosterräumen hinauskam, und rannte mit langen
Schritten durch lauter Nebengassen davon. In der Her¬
berge angekommen, wechselte er unbemerkt die Kleider,
bezahlte den Wirth mit erlösten Kupfermünzen und ver¬
stelltem Feilschen, ging unverweilt aus der Stadt und
wanderte, bis er den nächsten Hafenort erreichte, wo er
eine Fahrgelegenheit nach Lissabon fand.

So glücklich, wie wenn er den schönsten Vogel im

möglich, mit dem Geſichte ſo gewendet, daß die Zambo
ihn ſehen und hören mußte. Kaum hatte er auch den
Namen Don Correa in die Lüfte geſendet, ſo horchte ſie
auf und verwandte kein Auge mehr von ihm, bis ſie
plötzlich ſein Geſicht erkannte und ein Freudeſtrahl in ihren
Augen aufleuchtete.

In dieſem Momente trat aber eine lange Priorin
oder Chormeiſterin, oder dergleichen hervor, die ſagte:
„Was ſchreit und klatſcht denn die Dirne? Wie kommt
ſie in den Garten herein, und was weiß und hat ſie von
einem Vicekönig zu plaudern?“

Und ſie ſchritt noch näher heran und ſtreckte die dürre
Hand, an welcher ein Paternoſter hing, nach dem Rock¬
ärmel des verkleideten Pagen aus, der aber inzwiſchen
ſchnell zu bewerkſtelligen wußte, daß der Eſel hinten aus¬
ſchlug, der Korb auf den Boden fiel und die Orangen
umher rollten. Während ein Theil der Nonnen nach den
Orangen lief, der andere vor dem ausſchlagenden Eſel
floh, machte Luis mit aufgeſchürztem Rocke, daß er aus
den Kloſterräumen hinauskam, und rannte mit langen
Schritten durch lauter Nebengaſſen davon. In der Her¬
berge angekommen, wechſelte er unbemerkt die Kleider,
bezahlte den Wirth mit erlöſten Kupfermünzen und ver¬
ſtelltem Feilſchen, ging unverweilt aus der Stadt und
wanderte, bis er den nächſten Hafenort erreichte, wo er
eine Fahrgelegenheit nach Liſſabon fand.

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[332/0342] möglich, mit dem Geſichte ſo gewendet, daß die Zambo ihn ſehen und hören mußte. Kaum hatte er auch den Namen Don Correa in die Lüfte geſendet, ſo horchte ſie auf und verwandte kein Auge mehr von ihm, bis ſie plötzlich ſein Geſicht erkannte und ein Freudeſtrahl in ihren Augen aufleuchtete. In dieſem Momente trat aber eine lange Priorin oder Chormeiſterin, oder dergleichen hervor, die ſagte: „Was ſchreit und klatſcht denn die Dirne? Wie kommt ſie in den Garten herein, und was weiß und hat ſie von einem Vicekönig zu plaudern?“ Und ſie ſchritt noch näher heran und ſtreckte die dürre Hand, an welcher ein Paternoſter hing, nach dem Rock¬ ärmel des verkleideten Pagen aus, der aber inzwiſchen ſchnell zu bewerkſtelligen wußte, daß der Eſel hinten aus¬ ſchlug, der Korb auf den Boden fiel und die Orangen umher rollten. Während ein Theil der Nonnen nach den Orangen lief, der andere vor dem ausſchlagenden Eſel floh, machte Luis mit aufgeſchürztem Rocke, daß er aus den Kloſterräumen hinauskam, und rannte mit langen Schritten durch lauter Nebengaſſen davon. In der Her¬ berge angekommen, wechſelte er unbemerkt die Kleider, bezahlte den Wirth mit erlöſten Kupfermünzen und ver¬ ſtelltem Feilſchen, ging unverweilt aus der Stadt und wanderte, bis er den nächſten Hafenort erreichte, wo er eine Fahrgelegenheit nach Liſſabon fand. So glücklich, wie wenn er den ſchönſten Vogel im

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Das Sinngedicht. Berlin, 1882, S. 332. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_sinngedicht_1882/342>, abgerufen am 25.11.2024.