vor. Du magst jetzt wählen, ob Du inzwischen die Gast¬ freundschaft in unserer Mitte annehmen oder Dich bis zu einer zweiten Unterredung in Dein eigenes Heerlager zurückziehen willst!"
Die Fürstin erklärte, das letztere vorzuziehen, und erhob sich mit derselben stolzen Würde von ihrem Sitze, mit welcher sie sich darauf niedergelassen hatte. Zugleich erhob sich auch der Admiral, um sie seinen Worten ent¬ sprechend auf gleichem Fuße zu behandeln und ritterlich hinaus zu geleiten. Als dergestalt die Anwesenden dem Ausgange zuschritten, bemerkte Don Correa, daß die knieende Sklavin unbeweglich liegen blieb, und machte lächelnd die Fürstin aufmerksam, daß sie vergesse, ihren lebendigen Feldstuhl mitzunehmen.
"Ich setze mich nie zum zweiten Male auf denselben Stuhl", antwortete sie ohne zurückzublicken. "So mag er dem Hause bleiben, in welchem ich mich seiner bedient habe. Ich schenke Dir diese Person!"
So aufschneiderisch diese Rede klang, so gab sie ihm doch auf's neue zu denken, und er begleitete die Fürstin nicht ohne kriegerische Höflichkeit bis an den Ausgang des Lagers. Als er hierauf sich wieder in das große Zelt zurückzog, um zunächst die Angelegenheit für sich allein zu überlegen, bemerkte Don Correa mit einiger Ueberraschung, daß in dem verlassenen Raume das junge Weib noch immer still und reglos auf seinen Knieen und Ellbogen lag.
vor. Du magſt jetzt wählen, ob Du inzwiſchen die Gaſt¬ freundſchaft in unſerer Mitte annehmen oder Dich bis zu einer zweiten Unterredung in Dein eigenes Heerlager zurückziehen willſt!“
Die Fürſtin erklärte, das letztere vorzuziehen, und erhob ſich mit derſelben ſtolzen Würde von ihrem Sitze, mit welcher ſie ſich darauf niedergelaſſen hatte. Zugleich erhob ſich auch der Admiral, um ſie ſeinen Worten ent¬ ſprechend auf gleichem Fuße zu behandeln und ritterlich hinaus zu geleiten. Als dergeſtalt die Anweſenden dem Ausgange zuſchritten, bemerkte Don Correa, daß die knieende Sklavin unbeweglich liegen blieb, und machte lächelnd die Fürſtin aufmerkſam, daß ſie vergeſſe, ihren lebendigen Feldſtuhl mitzunehmen.
„Ich ſetze mich nie zum zweiten Male auf denſelben Stuhl“, antwortete ſie ohne zurückzublicken. „So mag er dem Hauſe bleiben, in welchem ich mich ſeiner bedient habe. Ich ſchenke Dir dieſe Perſon!“
So aufſchneideriſch dieſe Rede klang, ſo gab ſie ihm doch auf's neue zu denken, und er begleitete die Fürſtin nicht ohne kriegeriſche Höflichkeit bis an den Ausgang des Lagers. Als er hierauf ſich wieder in das große Zelt zurückzog, um zunächſt die Angelegenheit für ſich allein zu überlegen, bemerkte Don Correa mit einiger Ueberraſchung, daß in dem verlaſſenen Raume das junge Weib noch immer ſtill und reglos auf ſeinen Knieen und Ellbogen lag.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0320"n="310"/>
vor. Du magſt jetzt wählen, ob Du inzwiſchen die Gaſt¬<lb/>
freundſchaft in unſerer Mitte annehmen oder Dich bis zu<lb/>
einer zweiten Unterredung in Dein eigenes Heerlager<lb/>
zurückziehen willſt!“</p><lb/><p>Die Fürſtin erklärte, das letztere vorzuziehen, und<lb/>
erhob ſich mit derſelben ſtolzen Würde von ihrem Sitze,<lb/>
mit welcher ſie ſich darauf niedergelaſſen hatte. Zugleich<lb/>
erhob ſich auch der Admiral, um ſie ſeinen Worten ent¬<lb/>ſprechend auf gleichem Fuße zu behandeln und ritterlich<lb/>
hinaus zu geleiten. Als dergeſtalt die Anweſenden dem<lb/>
Ausgange zuſchritten, bemerkte Don Correa, daß die<lb/>
knieende Sklavin unbeweglich liegen blieb, und machte<lb/>
lächelnd die Fürſtin aufmerkſam, daß ſie vergeſſe, ihren<lb/>
lebendigen Feldſtuhl mitzunehmen.</p><lb/><p>„Ich ſetze mich nie zum zweiten Male auf denſelben<lb/>
Stuhl“, antwortete ſie ohne zurückzublicken. „So mag<lb/>
er dem Hauſe bleiben, in welchem ich mich ſeiner bedient<lb/>
habe. Ich ſchenke Dir dieſe Perſon!“</p><lb/><p>So aufſchneideriſch dieſe Rede klang, ſo gab ſie ihm<lb/>
doch auf's neue zu denken, und er begleitete die Fürſtin<lb/>
nicht ohne kriegeriſche Höflichkeit bis an den Ausgang<lb/>
des Lagers. Als er hierauf ſich wieder in das große<lb/>
Zelt zurückzog, um zunächſt die Angelegenheit für ſich<lb/>
allein zu überlegen, bemerkte Don Correa mit einiger<lb/>
Ueberraſchung, daß in dem verlaſſenen Raume das junge<lb/>
Weib noch immer ſtill und reglos auf ſeinen Knieen und<lb/>
Ellbogen lag.</p><lb/></div></div></body></text></TEI>
[310/0320]
vor. Du magſt jetzt wählen, ob Du inzwiſchen die Gaſt¬
freundſchaft in unſerer Mitte annehmen oder Dich bis zu
einer zweiten Unterredung in Dein eigenes Heerlager
zurückziehen willſt!“
Die Fürſtin erklärte, das letztere vorzuziehen, und
erhob ſich mit derſelben ſtolzen Würde von ihrem Sitze,
mit welcher ſie ſich darauf niedergelaſſen hatte. Zugleich
erhob ſich auch der Admiral, um ſie ſeinen Worten ent¬
ſprechend auf gleichem Fuße zu behandeln und ritterlich
hinaus zu geleiten. Als dergeſtalt die Anweſenden dem
Ausgange zuſchritten, bemerkte Don Correa, daß die
knieende Sklavin unbeweglich liegen blieb, und machte
lächelnd die Fürſtin aufmerkſam, daß ſie vergeſſe, ihren
lebendigen Feldſtuhl mitzunehmen.
„Ich ſetze mich nie zum zweiten Male auf denſelben
Stuhl“, antwortete ſie ohne zurückzublicken. „So mag
er dem Hauſe bleiben, in welchem ich mich ſeiner bedient
habe. Ich ſchenke Dir dieſe Perſon!“
So aufſchneideriſch dieſe Rede klang, ſo gab ſie ihm
doch auf's neue zu denken, und er begleitete die Fürſtin
nicht ohne kriegeriſche Höflichkeit bis an den Ausgang
des Lagers. Als er hierauf ſich wieder in das große
Zelt zurückzog, um zunächſt die Angelegenheit für ſich
allein zu überlegen, bemerkte Don Correa mit einiger
Ueberraſchung, daß in dem verlaſſenen Raume das junge
Weib noch immer ſtill und reglos auf ſeinen Knieen und
Ellbogen lag.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Keller, Gottfried: Das Sinngedicht. Berlin, 1882, S. 310. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_sinngedicht_1882/320>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.