Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Keller, Gottfried: Das Sinngedicht. Berlin, 1882.

Bild:
<< vorherige Seite

Kammerfrau den ersten Mann der Feniza auf deren
Wunsch hin im Schlafe erdrosselt, nachdem sie den Platz
an seiner Seite im Ehebette leise verlassen hatte. Dann
zog die Vollzieherin des Mordes, von welcher die Herrin
von Cercal abhängig geworden, ihren Bruder herbei, eben
den Mann mit der Schulter, der bald als Soldat, bald
als Bandit sich herum trieb. An diesen Menschen hing
sich die Frau, bis er kurz vor dem Auftreten des Don
Correa ihrer überdrüssig geworden mit einem guten Stücke
Geld davon ging, um sich in den Kriegsläuften, wie er
sagte, einen Rang zu erfechten. Während Correa's Ab¬
wesenheit war er wieder erschienen, und die Frau in ihrem
unergründlichen sittlichen und geistigen Zustande hatte ihn
auf- und angenommen und nur darauf gedacht, den Correa
durch ihn zu vertreiben oder zu vernichten, wenn er wieder
käme. Von unversöhnlichem Haß erfüllt, berieth sie ge¬
rade am Tage vor seiner Ankunft mit ihrer Gesellschaft,
was zu thun sei, und sie beschlossen, wenn er nicht anders
zu bezwingen wäre, ihn im Schlosse abzusperren und
dieses zu verbrennen. Die nöthigen Vorkehrungen hatten
die Kammerfrau, der Stallmeister und seine Knechte bald
getroffen, als sie aus der Stube gejagt waren; denn was
im Hause lebte, haßte den vermeintlichen Bettler und
Emporkömmling wie Gift, was eben auch eine unglückliche
Frucht der Erfindung war, die Correa in's Werk gesetzt,
um sich glücklich zu verheirathen, und die ihm bald das
Leben gekostet hätte.

Kammerfrau den erſten Mann der Feniza auf deren
Wunſch hin im Schlafe erdroſſelt, nachdem ſie den Platz
an ſeiner Seite im Ehebette leiſe verlaſſen hatte. Dann
zog die Vollzieherin des Mordes, von welcher die Herrin
von Cercal abhängig geworden, ihren Bruder herbei, eben
den Mann mit der Schulter, der bald als Soldat, bald
als Bandit ſich herum trieb. An dieſen Menſchen hing
ſich die Frau, bis er kurz vor dem Auftreten des Don
Correa ihrer überdrüſſig geworden mit einem guten Stücke
Geld davon ging, um ſich in den Kriegsläuften, wie er
ſagte, einen Rang zu erfechten. Während Correa's Ab¬
weſenheit war er wieder erſchienen, und die Frau in ihrem
unergründlichen ſittlichen und geiſtigen Zuſtande hatte ihn
auf- und angenommen und nur darauf gedacht, den Correa
durch ihn zu vertreiben oder zu vernichten, wenn er wieder
käme. Von unverſöhnlichem Haß erfüllt, berieth ſie ge¬
rade am Tage vor ſeiner Ankunft mit ihrer Geſellſchaft,
was zu thun ſei, und ſie beſchloſſen, wenn er nicht anders
zu bezwingen wäre, ihn im Schloſſe abzuſperren und
dieſes zu verbrennen. Die nöthigen Vorkehrungen hatten
die Kammerfrau, der Stallmeiſter und ſeine Knechte bald
getroffen, als ſie aus der Stube gejagt waren; denn was
im Hauſe lebte, haßte den vermeintlichen Bettler und
Emporkömmling wie Gift, was eben auch eine unglückliche
Frucht der Erfindung war, die Correa in's Werk geſetzt,
um ſich glücklich zu verheirathen, und die ihm bald das
Leben gekoſtet hätte.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0309" n="299"/>
Kammerfrau den er&#x017F;ten Mann der Feniza auf deren<lb/>
Wun&#x017F;ch hin im Schlafe erdro&#x017F;&#x017F;elt, nachdem &#x017F;ie den Platz<lb/>
an &#x017F;einer Seite im Ehebette lei&#x017F;e verla&#x017F;&#x017F;en hatte. Dann<lb/>
zog die Vollzieherin des Mordes, von welcher die Herrin<lb/>
von Cercal abhängig geworden, ihren Bruder herbei, eben<lb/>
den Mann mit der Schulter, der bald als Soldat, bald<lb/>
als Bandit &#x017F;ich herum trieb. An die&#x017F;en Men&#x017F;chen hing<lb/>
&#x017F;ich die Frau, bis er kurz vor dem Auftreten des Don<lb/>
Correa ihrer überdrü&#x017F;&#x017F;ig geworden mit einem guten Stücke<lb/>
Geld davon ging, um &#x017F;ich in den Kriegsläuften, wie er<lb/>
&#x017F;agte, einen Rang zu erfechten. Während Correa's Ab¬<lb/>
we&#x017F;enheit war er wieder er&#x017F;chienen, und die Frau in ihrem<lb/>
unergründlichen &#x017F;ittlichen und gei&#x017F;tigen Zu&#x017F;tande hatte ihn<lb/>
auf- und angenommen und nur darauf gedacht, den Correa<lb/>
durch ihn zu vertreiben oder zu vernichten, wenn er wieder<lb/>
käme. Von unver&#x017F;öhnlichem Haß erfüllt, berieth &#x017F;ie ge¬<lb/>
rade am Tage vor &#x017F;einer Ankunft mit ihrer Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft,<lb/>
was zu thun &#x017F;ei, und &#x017F;ie be&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en, wenn er nicht anders<lb/>
zu bezwingen wäre, ihn im Schlo&#x017F;&#x017F;e abzu&#x017F;perren und<lb/>
die&#x017F;es zu verbrennen. Die nöthigen Vorkehrungen hatten<lb/>
die Kammerfrau, der Stallmei&#x017F;ter und &#x017F;eine Knechte bald<lb/>
getroffen, als &#x017F;ie aus der Stube gejagt waren; denn was<lb/>
im Hau&#x017F;e lebte, haßte den vermeintlichen Bettler und<lb/>
Emporkömmling wie Gift, was eben auch eine unglückliche<lb/>
Frucht der Erfindung war, die Correa in's Werk ge&#x017F;etzt,<lb/>
um &#x017F;ich glücklich zu verheirathen, und die ihm bald das<lb/>
Leben geko&#x017F;tet hätte.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[299/0309] Kammerfrau den erſten Mann der Feniza auf deren Wunſch hin im Schlafe erdroſſelt, nachdem ſie den Platz an ſeiner Seite im Ehebette leiſe verlaſſen hatte. Dann zog die Vollzieherin des Mordes, von welcher die Herrin von Cercal abhängig geworden, ihren Bruder herbei, eben den Mann mit der Schulter, der bald als Soldat, bald als Bandit ſich herum trieb. An dieſen Menſchen hing ſich die Frau, bis er kurz vor dem Auftreten des Don Correa ihrer überdrüſſig geworden mit einem guten Stücke Geld davon ging, um ſich in den Kriegsläuften, wie er ſagte, einen Rang zu erfechten. Während Correa's Ab¬ weſenheit war er wieder erſchienen, und die Frau in ihrem unergründlichen ſittlichen und geiſtigen Zuſtande hatte ihn auf- und angenommen und nur darauf gedacht, den Correa durch ihn zu vertreiben oder zu vernichten, wenn er wieder käme. Von unverſöhnlichem Haß erfüllt, berieth ſie ge¬ rade am Tage vor ſeiner Ankunft mit ihrer Geſellſchaft, was zu thun ſei, und ſie beſchloſſen, wenn er nicht anders zu bezwingen wäre, ihn im Schloſſe abzuſperren und dieſes zu verbrennen. Die nöthigen Vorkehrungen hatten die Kammerfrau, der Stallmeiſter und ſeine Knechte bald getroffen, als ſie aus der Stube gejagt waren; denn was im Hauſe lebte, haßte den vermeintlichen Bettler und Emporkömmling wie Gift, was eben auch eine unglückliche Frucht der Erfindung war, die Correa in's Werk geſetzt, um ſich glücklich zu verheirathen, und die ihm bald das Leben gekoſtet hätte.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/keller_sinngedicht_1882
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/keller_sinngedicht_1882/309
Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Das Sinngedicht. Berlin, 1882, S. 299. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_sinngedicht_1882/309>, abgerufen am 22.11.2024.