Cercal gefeiert, die hinter dem Berge lag. Das zu Pferde über den Berg ziehende Hochzeitsgeleite glänzte und schimmerte weithin und verkündete, daß die schöne Feniza Mayor sich zum zweiten Male verehelichte; doch war eigentlich Niemand fröhlich, als sie und der Bräutigam. Der merkte aber von Allem nichts und freute sich nur auf den Glanz, mit welchem er einst seine Braut über¬ raschen wollte, wenn die Zeit des Glückes und der Macht zurückgekehrt sein werde. Einzig in der alten Kirche fiel nach geschehener Trauung ihm ein seltsamer Anblick auf. An dem Grabmale des ersten Mannes der Donna Feniza, das an einem Mauerpfeiler errichtet war, lehnte die dürre blaßgelbliche Kammerfrau in ihrem blutrothen Sonntags¬ kleide und warf einen düster glimmenden Blick auf den blühenden Don Correa. Sie stand bei den Leuten in dem Verdachte, jenen häßlichen und ältlichen Gemahl, von welchem der größte Theil des Reichthums herstammte, im Schlafe aus der Welt geschafft, auch noch andere Dinge verübt zu haben, die ihre schöne Herrin ihr geboten. Doch vergaß Correa, der hievon nichts wußte, den un¬ heimlichen Blick bald wieder.
Etwa ein halbes Jahr lang lebte man nun wie auf der Insel der Kalypso, bis der Thatendurst des Salvador Correa endlich mit doppelter Gewalt wieder erwachte und ihn nicht länger so weichlich dahin leben und träumen ließ. Er hatte schon geheime Winke erhalten, daß die Regierung sich seiner zu bedienen und trotz seinen
Cercal gefeiert, die hinter dem Berge lag. Das zu Pferde über den Berg ziehende Hochzeitsgeleite glänzte und ſchimmerte weithin und verkündete, daß die ſchöne Feniza Mayor ſich zum zweiten Male verehelichte; doch war eigentlich Niemand fröhlich, als ſie und der Bräutigam. Der merkte aber von Allem nichts und freute ſich nur auf den Glanz, mit welchem er einſt ſeine Braut über¬ raſchen wollte, wenn die Zeit des Glückes und der Macht zurückgekehrt ſein werde. Einzig in der alten Kirche fiel nach geſchehener Trauung ihm ein ſeltſamer Anblick auf. An dem Grabmale des erſten Mannes der Donna Feniza, das an einem Mauerpfeiler errichtet war, lehnte die dürre blaßgelbliche Kammerfrau in ihrem blutrothen Sonntags¬ kleide und warf einen düſter glimmenden Blick auf den blühenden Don Correa. Sie ſtand bei den Leuten in dem Verdachte, jenen häßlichen und ältlichen Gemahl, von welchem der größte Theil des Reichthums herſtammte, im Schlafe aus der Welt geſchafft, auch noch andere Dinge verübt zu haben, die ihre ſchöne Herrin ihr geboten. Doch vergaß Correa, der hievon nichts wußte, den un¬ heimlichen Blick bald wieder.
Etwa ein halbes Jahr lang lebte man nun wie auf der Inſel der Kalypſo, bis der Thatendurſt des Salvador Correa endlich mit doppelter Gewalt wieder erwachte und ihn nicht länger ſo weichlich dahin leben und träumen ließ. Er hatte ſchon geheime Winke erhalten, daß die Regierung ſich ſeiner zu bedienen und trotz ſeinen
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[281/0291]
Cercal gefeiert, die hinter dem Berge lag. Das zu Pferde
über den Berg ziehende Hochzeitsgeleite glänzte und
ſchimmerte weithin und verkündete, daß die ſchöne Feniza
Mayor ſich zum zweiten Male verehelichte; doch war
eigentlich Niemand fröhlich, als ſie und der Bräutigam.
Der merkte aber von Allem nichts und freute ſich nur
auf den Glanz, mit welchem er einſt ſeine Braut über¬
raſchen wollte, wenn die Zeit des Glückes und der Macht
zurückgekehrt ſein werde. Einzig in der alten Kirche fiel
nach geſchehener Trauung ihm ein ſeltſamer Anblick auf.
An dem Grabmale des erſten Mannes der Donna Feniza,
das an einem Mauerpfeiler errichtet war, lehnte die dürre
blaßgelbliche Kammerfrau in ihrem blutrothen Sonntags¬
kleide und warf einen düſter glimmenden Blick auf den
blühenden Don Correa. Sie ſtand bei den Leuten in
dem Verdachte, jenen häßlichen und ältlichen Gemahl, von
welchem der größte Theil des Reichthums herſtammte, im
Schlafe aus der Welt geſchafft, auch noch andere Dinge
verübt zu haben, die ihre ſchöne Herrin ihr geboten.
Doch vergaß Correa, der hievon nichts wußte, den un¬
heimlichen Blick bald wieder.
Etwa ein halbes Jahr lang lebte man nun wie auf
der Inſel der Kalypſo, bis der Thatendurſt des Salvador
Correa endlich mit doppelter Gewalt wieder erwachte und
ihn nicht länger ſo weichlich dahin leben und träumen
ließ. Er hatte ſchon geheime Winke erhalten, daß
die Regierung ſich ſeiner zu bedienen und trotz ſeinen
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Keller, Gottfried: Das Sinngedicht. Berlin, 1882, S. 281. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_sinngedicht_1882/291>, abgerufen am 25.11.2024.
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