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Keller, Gottfried: Das Sinngedicht. Berlin, 1882.

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Elftes Capitel.
Don Correa.

Wie wenn sie Reinhart's Vorsatz und Vorbereitung
gekannt hätte, sagte Lucie am Morgen, als die drei
Personen wieder unter den Platanen am Brunnen saßen:
"Heute werden wir leider die Zeit ohne Geschichts¬
erzählungen verbringen müssen, wenn der Onkel nicht
dennoch eine zweite Hildeburg erfahren hat oder Herr
Ludwig Reinhart noch eine dritte Treppenheirath kennt."

"Behüt' uns Gott", lachte und murrte der Onkel
durcheinander, "vor einer zweiten Schmach jener Art.
Ich hatte ein für allemal genug!"

"Und was mich betrifft," nahm Reinhart das Wort,
"so kenne ich einen dritten Fall von der Treppe her¬
rührender Vermählung freilich nicht, dafür aber einen
Fall, wo ein vornehmer und sehr namhafter Mann seine
namenlose Gattin buchstäblich vom Boden aufgelesen hat
und glücklich mit ihr geworden ist!"

"Wie herrlich!" rief Lucie fröhlich lachend, weniger
aus Muthwillen als vor Vergnügen und Neugierde, zu

Elftes Capitel.
Don Correa.

Wie wenn ſie Reinhart's Vorſatz und Vorbereitung
gekannt hätte, ſagte Lucie am Morgen, als die drei
Perſonen wieder unter den Platanen am Brunnen ſaßen:
„Heute werden wir leider die Zeit ohne Geſchichts¬
erzählungen verbringen müſſen, wenn der Onkel nicht
dennoch eine zweite Hildeburg erfahren hat oder Herr
Ludwig Reinhart noch eine dritte Treppenheirath kennt.“

„Behüt' uns Gott“, lachte und murrte der Onkel
durcheinander, „vor einer zweiten Schmach jener Art.
Ich hatte ein für allemal genug!“

„Und was mich betrifft,“ nahm Reinhart das Wort,
„ſo kenne ich einen dritten Fall von der Treppe her¬
rührender Vermählung freilich nicht, dafür aber einen
Fall, wo ein vornehmer und ſehr namhafter Mann ſeine
namenloſe Gattin buchſtäblich vom Boden aufgeleſen hat
und glücklich mit ihr geworden iſt!“

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[[266]/0276] Elftes Capitel. Don Correa. Wie wenn ſie Reinhart's Vorſatz und Vorbereitung gekannt hätte, ſagte Lucie am Morgen, als die drei Perſonen wieder unter den Platanen am Brunnen ſaßen: „Heute werden wir leider die Zeit ohne Geſchichts¬ erzählungen verbringen müſſen, wenn der Onkel nicht dennoch eine zweite Hildeburg erfahren hat oder Herr Ludwig Reinhart noch eine dritte Treppenheirath kennt.“ „Behüt' uns Gott“, lachte und murrte der Onkel durcheinander, „vor einer zweiten Schmach jener Art. Ich hatte ein für allemal genug!“ „Und was mich betrifft,“ nahm Reinhart das Wort, „ſo kenne ich einen dritten Fall von der Treppe her¬ rührender Vermählung freilich nicht, dafür aber einen Fall, wo ein vornehmer und ſehr namhafter Mann ſeine namenloſe Gattin buchſtäblich vom Boden aufgeleſen hat und glücklich mit ihr geworden iſt!“ „Wie herrlich!“ rief Lucie fröhlich lachend, weniger aus Muthwillen als vor Vergnügen und Neugierde, zu

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Das Sinngedicht. Berlin, 1882, S. [266]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_sinngedicht_1882/276>, abgerufen am 23.11.2024.