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Keller, Gottfried: Das Sinngedicht. Berlin, 1882.

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thut, wenn man etwas für einen Scherz hält. Doch sah
sie mich dabei aufmerksam an. Ich antwortete nicht
darauf, zumal Mannelin mich ebenfalls erstaunt anblickte
und ich nicht aufgelegt war, eine Disputation mit ihm
zu bestehen. Da der Kutscher bereit war, mich nach der
Stadt zu fahren, nahm ich mit dem Versprechen Abschied,
am nächsten Tage noch ein letztes Mal zu kommen, und
fuhr nicht mit leichtem Herzen weg. Der Geisterbesuch,
die Trennung von dem anziehenden und trefflichen Mädchen,
die Ungewißheit der Zukunft und auch der Umstand, daß
Mannelin allein bei Hildeburg zurückblieb, alles trug
dazu bei, meine Gedanken trüb und schwer zu machen.

Ich will nur gleich den chronologischen Verlauf zu
Ende erzählen. Nach meiner Abfahrt setzten Hildeburg
und Mannelin die Gartenpromenade fort, und erst jetzt
drückte der Freund seine mit einigem Unwillen vermischte
Besorgniß über den Stand meiner geistigen und körper¬
lichen Gesundheit aus, da ich nicht nur von Gewissens¬
furcht, sondern sogar von förmlichen Hallucinationen ge¬
plagt scheine. Es wäre schade für mich, wenn ich in dem
krankhaften Wesen weiter dahin lebte und Fortschritte
machte, und er frage sich, ob er mich nicht zur Einholung
eines Urlaubes veranlassen und an den bewußten Bade¬
ort mit sich nehmen solle. Offenbar hätten die Kriegs¬
erlebnisse meinem beweglichen Wesen nicht gut gethan u. s. w.

Hildeburg erwiderte nachdenklich, ob er denn so sicher
wisse, daß nur Täuschung sei, was ich gesehen zu haben

thut, wenn man etwas für einen Scherz hält. Doch ſah
ſie mich dabei aufmerkſam an. Ich antwortete nicht
darauf, zumal Mannelin mich ebenfalls erſtaunt anblickte
und ich nicht aufgelegt war, eine Disputation mit ihm
zu beſtehen. Da der Kutſcher bereit war, mich nach der
Stadt zu fahren, nahm ich mit dem Verſprechen Abſchied,
am nächſten Tage noch ein letztes Mal zu kommen, und
fuhr nicht mit leichtem Herzen weg. Der Geiſterbeſuch,
die Trennung von dem anziehenden und trefflichen Mädchen,
die Ungewißheit der Zukunft und auch der Umſtand, daß
Mannelin allein bei Hildeburg zurückblieb, alles trug
dazu bei, meine Gedanken trüb und ſchwer zu machen.

Ich will nur gleich den chronologiſchen Verlauf zu
Ende erzählen. Nach meiner Abfahrt ſetzten Hildeburg
und Mannelin die Gartenpromenade fort, und erſt jetzt
drückte der Freund ſeine mit einigem Unwillen vermiſchte
Beſorgniß über den Stand meiner geiſtigen und körper¬
lichen Geſundheit aus, da ich nicht nur von Gewiſſens¬
furcht, ſondern ſogar von förmlichen Hallucinationen ge¬
plagt ſcheine. Es wäre ſchade für mich, wenn ich in dem
krankhaften Weſen weiter dahin lebte und Fortſchritte
machte, und er frage ſich, ob er mich nicht zur Einholung
eines Urlaubes veranlaſſen und an den bewußten Bade¬
ort mit ſich nehmen ſolle. Offenbar hätten die Kriegs¬
erlebniſſe meinem beweglichen Weſen nicht gut gethan u. ſ. w.

Hildeburg erwiderte nachdenklich, ob er denn ſo ſicher
wiſſe, daß nur Täuſchung ſei, was ich geſehen zu haben

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[249/0259] thut, wenn man etwas für einen Scherz hält. Doch ſah ſie mich dabei aufmerkſam an. Ich antwortete nicht darauf, zumal Mannelin mich ebenfalls erſtaunt anblickte und ich nicht aufgelegt war, eine Disputation mit ihm zu beſtehen. Da der Kutſcher bereit war, mich nach der Stadt zu fahren, nahm ich mit dem Verſprechen Abſchied, am nächſten Tage noch ein letztes Mal zu kommen, und fuhr nicht mit leichtem Herzen weg. Der Geiſterbeſuch, die Trennung von dem anziehenden und trefflichen Mädchen, die Ungewißheit der Zukunft und auch der Umſtand, daß Mannelin allein bei Hildeburg zurückblieb, alles trug dazu bei, meine Gedanken trüb und ſchwer zu machen. Ich will nur gleich den chronologiſchen Verlauf zu Ende erzählen. Nach meiner Abfahrt ſetzten Hildeburg und Mannelin die Gartenpromenade fort, und erſt jetzt drückte der Freund ſeine mit einigem Unwillen vermiſchte Beſorgniß über den Stand meiner geiſtigen und körper¬ lichen Geſundheit aus, da ich nicht nur von Gewiſſens¬ furcht, ſondern ſogar von förmlichen Hallucinationen ge¬ plagt ſcheine. Es wäre ſchade für mich, wenn ich in dem krankhaften Weſen weiter dahin lebte und Fortſchritte machte, und er frage ſich, ob er mich nicht zur Einholung eines Urlaubes veranlaſſen und an den bewußten Bade¬ ort mit ſich nehmen ſolle. Offenbar hätten die Kriegs¬ erlebniſſe meinem beweglichen Weſen nicht gut gethan u. ſ. w. Hildeburg erwiderte nachdenklich, ob er denn ſo ſicher wiſſe, daß nur Täuſchung ſei, was ich geſehen zu haben

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Das Sinngedicht. Berlin, 1882, S. 249. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_sinngedicht_1882/259>, abgerufen am 22.11.2024.