und munter und lebten behaglich in dieser Ein¬ bildung, ohne welche keines mehr hätte die Zeit verbringen können, und wenn sie weit aus ein¬ ander waren, so sorgte Eines für das Andere mit rührender Aufmerksamkeit. Die einzige Toch¬ ter, die sie hatten, und die Lydia heißt, lebte dagegen meistentheils bei dem Vater und war ihm ergeben und zugethan, da der Unterschied des Geschlechtes selbst zwischen Vater und Tochter diese mehr zärtliches Mitleid für den Vater em¬ pfinden ließ, als für die Mutter, obgleich diese eben so wenig oder so viel taugen mochte als jener in dem vermeintlich unglücklichen Ver¬ hältniß."
"Der Kommandeur hatte eine reizvolle luf¬ tige Wohnung bezogen, die außerhalb der Stadt in einem ganz mit Palmen, Cypressen, Syko¬ moren und anderen Bäumen angefüllten Thale lag. Unter diesen Bäumen, rings um das leichte weiße Haus herum, waren Gärten angelegt, in denen theils jederzeit frisches Gemüse, theils eine Menge Blumen gezogen wurden, welche zwar hier in allen Ecken wild wuchsen, die aber der Alte liebte beisammen zu haben in nächster Nähe
und munter und lebten behaglich in dieſer Ein¬ bildung, ohne welche keines mehr hätte die Zeit verbringen können, und wenn ſie weit aus ein¬ ander waren, ſo ſorgte Eines für das Andere mit rührender Aufmerkſamkeit. Die einzige Toch¬ ter, die ſie hatten, und die Lydia heißt, lebte dagegen meiſtentheils bei dem Vater und war ihm ergeben und zugethan, da der Unterſchied des Geſchlechtes ſelbſt zwiſchen Vater und Tochter dieſe mehr zärtliches Mitleid für den Vater em¬ pfinden ließ, als für die Mutter, obgleich dieſe eben ſo wenig oder ſo viel taugen mochte als jener in dem vermeintlich unglücklichen Ver¬ hältniß.«
»Der Kommandeur hatte eine reizvolle luf¬ tige Wohnung bezogen, die außerhalb der Stadt in einem ganz mit Palmen, Cypreſſen, Syko¬ moren und anderen Bäumen angefüllten Thale lag. Unter dieſen Bäumen, rings um das leichte weiße Haus herum, waren Gärten angelegt, in denen theils jederzeit friſches Gemüſe, theils eine Menge Blumen gezogen wurden, welche zwar hier in allen Ecken wild wuchſen, die aber der Alte liebte beiſammen zu haben in nächſter Nähe
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0058"n="46"/>
und munter und lebten behaglich in dieſer Ein¬<lb/>
bildung, ohne welche keines mehr hätte die Zeit<lb/>
verbringen können, und wenn ſie weit aus ein¬<lb/>
ander waren, ſo ſorgte Eines für das Andere<lb/>
mit rührender Aufmerkſamkeit. Die einzige Toch¬<lb/>
ter, die ſie hatten, und die Lydia heißt, lebte<lb/>
dagegen meiſtentheils bei dem Vater und war ihm<lb/>
ergeben und zugethan, da der Unterſchied des<lb/>
Geſchlechtes ſelbſt zwiſchen Vater und Tochter<lb/>
dieſe mehr zärtliches Mitleid für den Vater em¬<lb/>
pfinden ließ, als für die Mutter, obgleich dieſe<lb/>
eben ſo wenig oder ſo viel taugen mochte als<lb/>
jener in dem vermeintlich unglücklichen Ver¬<lb/>
hältniß.«</p><lb/><p>»Der Kommandeur hatte eine reizvolle luf¬<lb/>
tige Wohnung bezogen, die außerhalb der Stadt<lb/>
in einem ganz mit Palmen, Cypreſſen, Syko¬<lb/>
moren und anderen Bäumen angefüllten Thale<lb/>
lag. Unter dieſen Bäumen, rings um das leichte<lb/>
weiße Haus herum, waren Gärten angelegt, in<lb/>
denen theils jederzeit friſches Gemüſe, theils eine<lb/>
Menge Blumen gezogen wurden, welche zwar hier<lb/>
in allen Ecken wild wuchſen, die aber der Alte<lb/>
liebte beiſammen zu haben in nächſter Nähe<lb/></p></div></body></text></TEI>
[46/0058]
und munter und lebten behaglich in dieſer Ein¬
bildung, ohne welche keines mehr hätte die Zeit
verbringen können, und wenn ſie weit aus ein¬
ander waren, ſo ſorgte Eines für das Andere
mit rührender Aufmerkſamkeit. Die einzige Toch¬
ter, die ſie hatten, und die Lydia heißt, lebte
dagegen meiſtentheils bei dem Vater und war ihm
ergeben und zugethan, da der Unterſchied des
Geſchlechtes ſelbſt zwiſchen Vater und Tochter
dieſe mehr zärtliches Mitleid für den Vater em¬
pfinden ließ, als für die Mutter, obgleich dieſe
eben ſo wenig oder ſo viel taugen mochte als
jener in dem vermeintlich unglücklichen Ver¬
hältniß.«
»Der Kommandeur hatte eine reizvolle luf¬
tige Wohnung bezogen, die außerhalb der Stadt
in einem ganz mit Palmen, Cypreſſen, Syko¬
moren und anderen Bäumen angefüllten Thale
lag. Unter dieſen Bäumen, rings um das leichte
weiße Haus herum, waren Gärten angelegt, in
denen theils jederzeit friſches Gemüſe, theils eine
Menge Blumen gezogen wurden, welche zwar hier
in allen Ecken wild wuchſen, die aber der Alte
liebte beiſammen zu haben in nächſter Nähe
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Keller, Gottfried: Die Leute von Seldwyla. Braunschweig, 1856, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_seldwyla_1856/58>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.