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Keller, Gottfried: Die Leute von Seldwyla. Braunschweig, 1856.

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nehmen?" "Hier aus diesem Schornstein! des¬
halb bin ich gekommen, um ein vernünftiges
Wort mit Euch zu reden! Möchtet Ihr denn
nicht einmal wieder frei werden aus den Ban¬
den dieser Hexe? Sinnt nach, wie wir sie fan¬
gen und mit dem alten Bösewicht verheirathen!"

"Spiegel, Ihr braucht Euch nur zu nähern,
so weckt Ihr mir ersprießliche Gedanken."

"Das wußt' ich wohl, daß Ihr klug seid!
Ich habe das Meinige gethan und es ist besser,
daß Ihr auch Euren Senf dazu gebt und neue
Kräfte vorspannt, so kann es gewiß nicht fehlen!"

"Da alle Dinge so schön zusammentreffen,
so brauche ich nicht lang zu sinnen, mein Plan
ist längst gemacht!" "Wie fangen wir sie?"
"Mit einem neuen Schnepfengarn aus guten
starken Hanfschnüren; geflochten muß es sein
von einem zwanzigjährigen Jägerssohn, der noch
kein Weib angesehen hat, und es muß schon drei¬
mal der Nachtthau darauf gefallen sein, ohne
daß sich eine Schnepfe gefangen; der Grund
aber hiervon muß dreimal eine gute Handlung
sein. Ein solches Netz ist stark genug, die Hexe
zu fangen."

nehmen?« »Hier aus dieſem Schornſtein! des¬
halb bin ich gekommen, um ein vernünftiges
Wort mit Euch zu reden! Möchtet Ihr denn
nicht einmal wieder frei werden aus den Ban¬
den dieſer Hexe? Sinnt nach, wie wir ſie fan¬
gen und mit dem alten Böſewicht verheirathen!«

»Spiegel, Ihr braucht Euch nur zu nähern,
ſo weckt Ihr mir erſprießliche Gedanken.«

»Das wußt' ich wohl, daß Ihr klug ſeid!
Ich habe das Meinige gethan und es iſt beſſer,
daß Ihr auch Euren Senf dazu gebt und neue
Kräfte vorſpannt, ſo kann es gewiß nicht fehlen!«

»Da alle Dinge ſo ſchön zuſammentreffen,
ſo brauche ich nicht lang zu ſinnen, mein Plan
iſt längſt gemacht!« »Wie fangen wir ſie?«
»Mit einem neuen Schnepfengarn aus guten
ſtarken Hanfſchnüren; geflochten muß es ſein
von einem zwanzigjährigen Jägersſohn, der noch
kein Weib angeſehen hat, und es muß ſchon drei¬
mal der Nachtthau darauf gefallen ſein, ohne
daß ſich eine Schnepfe gefangen; der Grund
aber hiervon muß dreimal eine gute Handlung
ſein. Ein ſolches Netz iſt ſtark genug, die Hexe
zu fangen.«

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[514/0526] nehmen?« »Hier aus dieſem Schornſtein! des¬ halb bin ich gekommen, um ein vernünftiges Wort mit Euch zu reden! Möchtet Ihr denn nicht einmal wieder frei werden aus den Ban¬ den dieſer Hexe? Sinnt nach, wie wir ſie fan¬ gen und mit dem alten Böſewicht verheirathen!« »Spiegel, Ihr braucht Euch nur zu nähern, ſo weckt Ihr mir erſprießliche Gedanken.« »Das wußt' ich wohl, daß Ihr klug ſeid! Ich habe das Meinige gethan und es iſt beſſer, daß Ihr auch Euren Senf dazu gebt und neue Kräfte vorſpannt, ſo kann es gewiß nicht fehlen!« »Da alle Dinge ſo ſchön zuſammentreffen, ſo brauche ich nicht lang zu ſinnen, mein Plan iſt längſt gemacht!« »Wie fangen wir ſie?« »Mit einem neuen Schnepfengarn aus guten ſtarken Hanfſchnüren; geflochten muß es ſein von einem zwanzigjährigen Jägersſohn, der noch kein Weib angeſehen hat, und es muß ſchon drei¬ mal der Nachtthau darauf gefallen ſein, ohne daß ſich eine Schnepfe gefangen; der Grund aber hiervon muß dreimal eine gute Handlung ſein. Ein ſolches Netz iſt ſtark genug, die Hexe zu fangen.«

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Die Leute von Seldwyla. Braunschweig, 1856, S. 514. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_seldwyla_1856/526>, abgerufen am 29.11.2024.