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Keller, Gottfried: Die Leute von Seldwyla. Braunschweig, 1856.

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es auch zehntausend sein?" "Ja das ist nun
nicht zu schwören! sagte Spiegel, ich bin nie
da unten gewesen und hab's nicht gezählt! Ist
auch möglich, daß die Dame dazumal einige
Stücke auf dem Wege verloren hat, als sie den
Schatz hieher trug, da sie in einem sehr auf¬
geregten Zustande war." "Nun, seien es auch
ein Dutzend oder mehr weniger!" sagte Herr
Pineiß, "es soll mir darauf nicht ankommen!"
Er setzte sich auf den Rand des Brunnens,
Spiegel setzte sich auch nieder und leckte sich das
Pfötchen. "Da wäre nun der Schatz!" sagte
Pineiß, indem er sich hinter den Ohren kratzte,
"und hier wäre auch der Mann dazu; fehlt
nur noch das bildschöne Weib!" "Wie?" sagte
Spiegel. "Ich meine, es fehlt nur noch die¬
jenige, welche die Zehntausend als Mitgift be¬
kommen soll um mich damit zu überraschen am
Hochzeitmorgen, und welche alle jene angenehmen
Tugenden hat, von denen Du gesprochen!" "Hm!
versetzte Spiegel, die Sache verhält sich nicht
ganz so, wie Ihr sagt! Der Schatz ist da, wie
Ihr richtig einseht; das schöne Weib habe ich,
um es aufrichtig zu gestehen, allbereits auch

es auch zehntauſend ſein?« »Ja das iſt nun
nicht zu ſchwören! ſagte Spiegel, ich bin nie
da unten geweſen und hab's nicht gezählt! Iſt
auch möglich, daß die Dame dazumal einige
Stücke auf dem Wege verloren hat, als ſie den
Schatz hieher trug, da ſie in einem ſehr auf¬
geregten Zuſtande war.« »Nun, ſeien es auch
ein Dutzend oder mehr weniger!« ſagte Herr
Pineiß, »es ſoll mir darauf nicht ankommen!«
Er ſetzte ſich auf den Rand des Brunnens,
Spiegel ſetzte ſich auch nieder und leckte ſich das
Pfötchen. »Da wäre nun der Schatz!« ſagte
Pineiß, indem er ſich hinter den Ohren kratzte,
»und hier wäre auch der Mann dazu; fehlt
nur noch das bildſchöne Weib!« »Wie?« ſagte
Spiegel. »Ich meine, es fehlt nur noch die¬
jenige, welche die Zehntauſend als Mitgift be¬
kommen ſoll um mich damit zu überraſchen am
Hochzeitmorgen, und welche alle jene angenehmen
Tugenden hat, von denen Du geſprochen!« »Hm!
verſetzte Spiegel, die Sache verhält ſich nicht
ganz ſo, wie Ihr ſagt! Der Schatz iſt da, wie
Ihr richtig einſeht; das ſchöne Weib habe ich,
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[502/0514] es auch zehntauſend ſein?« »Ja das iſt nun nicht zu ſchwören! ſagte Spiegel, ich bin nie da unten geweſen und hab's nicht gezählt! Iſt auch möglich, daß die Dame dazumal einige Stücke auf dem Wege verloren hat, als ſie den Schatz hieher trug, da ſie in einem ſehr auf¬ geregten Zuſtande war.« »Nun, ſeien es auch ein Dutzend oder mehr weniger!« ſagte Herr Pineiß, »es ſoll mir darauf nicht ankommen!« Er ſetzte ſich auf den Rand des Brunnens, Spiegel ſetzte ſich auch nieder und leckte ſich das Pfötchen. »Da wäre nun der Schatz!« ſagte Pineiß, indem er ſich hinter den Ohren kratzte, »und hier wäre auch der Mann dazu; fehlt nur noch das bildſchöne Weib!« »Wie?« ſagte Spiegel. »Ich meine, es fehlt nur noch die¬ jenige, welche die Zehntauſend als Mitgift be¬ kommen ſoll um mich damit zu überraſchen am Hochzeitmorgen, und welche alle jene angenehmen Tugenden hat, von denen Du geſprochen!« »Hm! verſetzte Spiegel, die Sache verhält ſich nicht ganz ſo, wie Ihr ſagt! Der Schatz iſt da, wie Ihr richtig einſeht; das ſchöne Weib habe ich, um es aufrichtig zu geſtehen, allbereits auch

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Die Leute von Seldwyla. Braunschweig, 1856, S. 502. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_seldwyla_1856/514>, abgerufen am 24.11.2024.