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Keller, Gottfried: Die Leute von Seldwyla. Braunschweig, 1856.

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nehmt Jeder eine in den Mund und behaltet
sie darin, das wird euch erquicken! So ziehet
denn dahin und kehret die Thorheit der Schlechten
um in Weisheit der Gerechten! Was sie zum
Muthwillen ausgesonnen, das verwandelt in ein
erbauliches Werk der Prüfung und der Selbst¬
beherrschung, in eine sinnreiche Schlußhandlung
eines langjährigen Wohlverhaltens und Wett¬
laufes in der Tugend!" Jedem steckte sie die
Pflaume in den Mund, und er sog daran.
Jobst drückte die Hand auf seinen Magen und
rief: "Wenn es denn sein muß, so sei es in's
Himmels Namen!" und plötzlich fing er, indem
er den Stock erhob, mit stark gebogenen Knieen
mächtig an auszuschreiten und zog sein Felleisen
an sich. Kaum sah dies Fridolin, so folgte er
ihm nach mit langen Schritten, und ohne sich
ferner umzusehen, eilten sie schon ziemlich hastig
die Straße hinab. Der Schwabe war der
letzte, der sich aufmachte, und ging mit listig
vergnügtem Gesicht und scheinbar ganz gemäch¬
lich neben Züs her, wie wenn er seiner Sache
sicher und edelmüthig seinen Gefährten einen
Vorsprung gönnen wollte. Züs belobte seine

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nehmt Jeder eine in den Mund und behaltet
ſie darin, das wird euch erquicken! So ziehet
denn dahin und kehret die Thorheit der Schlechten
um in Weisheit der Gerechten! Was ſie zum
Muthwillen ausgeſonnen, das verwandelt in ein
erbauliches Werk der Prüfung und der Selbſt¬
beherrſchung, in eine ſinnreiche Schlußhandlung
eines langjährigen Wohlverhaltens und Wett¬
laufes in der Tugend!« Jedem ſteckte ſie die
Pflaume in den Mund, und er ſog daran.
Jobſt drückte die Hand auf ſeinen Magen und
rief: »Wenn es denn ſein muß, ſo ſei es in's
Himmels Namen!« und plötzlich fing er, indem
er den Stock erhob, mit ſtark gebogenen Knieen
mächtig an auszuſchreiten und zog ſein Felleiſen
an ſich. Kaum ſah dies Fridolin, ſo folgte er
ihm nach mit langen Schritten, und ohne ſich
ferner umzuſehen, eilten ſie ſchon ziemlich haſtig
die Straße hinab. Der Schwabe war der
letzte, der ſich aufmachte, und ging mit liſtig
vergnügtem Geſicht und ſcheinbar ganz gemäch¬
lich neben Züs her, wie wenn er ſeiner Sache
ſicher und edelmüthig ſeinen Gefährten einen
Vorſprung gönnen wollte. Züs belobte ſeine

28 *
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[435/0447] nehmt Jeder eine in den Mund und behaltet ſie darin, das wird euch erquicken! So ziehet denn dahin und kehret die Thorheit der Schlechten um in Weisheit der Gerechten! Was ſie zum Muthwillen ausgeſonnen, das verwandelt in ein erbauliches Werk der Prüfung und der Selbſt¬ beherrſchung, in eine ſinnreiche Schlußhandlung eines langjährigen Wohlverhaltens und Wett¬ laufes in der Tugend!« Jedem ſteckte ſie die Pflaume in den Mund, und er ſog daran. Jobſt drückte die Hand auf ſeinen Magen und rief: »Wenn es denn ſein muß, ſo ſei es in's Himmels Namen!« und plötzlich fing er, indem er den Stock erhob, mit ſtark gebogenen Knieen mächtig an auszuſchreiten und zog ſein Felleiſen an ſich. Kaum ſah dies Fridolin, ſo folgte er ihm nach mit langen Schritten, und ohne ſich ferner umzuſehen, eilten ſie ſchon ziemlich haſtig die Straße hinab. Der Schwabe war der letzte, der ſich aufmachte, und ging mit liſtig vergnügtem Geſicht und ſcheinbar ganz gemäch¬ lich neben Züs her, wie wenn er ſeiner Sache ſicher und edelmüthig ſeinen Gefährten einen Vorſprung gönnen wollte. Züs belobte ſeine 28 *

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Die Leute von Seldwyla. Braunschweig, 1856, S. 435. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_seldwyla_1856/447>, abgerufen am 23.11.2024.