und geheimen Fächern, den man in vielen Stücken auseinander nehmen konnte. Mit den feinsten farbigen und gepreßten Papieren war er beklebt und überall mit Goldbördchen geziert. Spiegel¬ wände und Säulen wechselten ab und hob man ein Stück ab oder öffnete ein Gelaß, so erblickte man neue Spiegel und verborgene Bilderchen, Blumenbouquets und liebende Pärchen; an den ausgeschweiften Spitzen der Dächer hingen all¬ wärts kleine Glöcklein. Auch ein Uhrgehäuse für eine Damenuhr war angebracht mit schönen Häckchen an den Säulen, um die goldene Kette daran zu henken und an dem Gebäude hin und herzuschlängeln; aber bisjetzt hatte sich noch kein Uhrenmacher genähert, welcher eine Uhr, und kein Goldschmied, welcher eine Kette auf diesen Altar gelegt hätte. Eine unendliche Mühe und Kunst¬ fertigkeit war an diesem sinnreichen Tempel ver¬ schwendet und der geometrische Plan nicht min¬ der mühevoll, als die saubere genaue Arbeit. Als das Denkmal eines schön verlebten Jahrs fertig war, ermunterte Züs Bünzlin den guten Buchbinder, mit Bezwingung ihrer selbst, sich nun loszureißen und seinen Stab weiter zu setzen,
und geheimen Fächern, den man in vielen Stücken auseinander nehmen konnte. Mit den feinſten farbigen und gepreßten Papieren war er beklebt und überall mit Goldbördchen geziert. Spiegel¬ wände und Säulen wechſelten ab und hob man ein Stück ab oder öffnete ein Gelaß, ſo erblickte man neue Spiegel und verborgene Bilderchen, Blumenbouquets und liebende Pärchen; an den ausgeſchweiften Spitzen der Dächer hingen all¬ wärts kleine Glöcklein. Auch ein Uhrgehäuſe für eine Damenuhr war angebracht mit ſchönen Häckchen an den Säulen, um die goldene Kette daran zu henken und an dem Gebäude hin und herzuſchlängeln; aber bisjetzt hatte ſich noch kein Uhrenmacher genähert, welcher eine Uhr, und kein Goldſchmied, welcher eine Kette auf dieſen Altar gelegt hätte. Eine unendliche Mühe und Kunſt¬ fertigkeit war an dieſem ſinnreichen Tempel ver¬ ſchwendet und der geometriſche Plan nicht min¬ der mühevoll, als die ſaubere genaue Arbeit. Als das Denkmal eines ſchön verlebten Jahrs fertig war, ermunterte Züs Bünzlin den guten Buchbinder, mit Bezwingung ihrer ſelbſt, ſich nun loszureißen und ſeinen Stab weiter zu ſetzen,
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0405"n="393"/>
und geheimen Fächern, den man in vielen Stücken<lb/>
auseinander nehmen konnte. Mit den feinſten<lb/>
farbigen und gepreßten Papieren war er beklebt<lb/>
und überall mit Goldbördchen geziert. Spiegel¬<lb/>
wände und Säulen wechſelten ab und hob man<lb/>
ein Stück ab oder öffnete ein Gelaß, ſo erblickte<lb/>
man neue Spiegel und verborgene Bilderchen,<lb/>
Blumenbouquets und liebende Pärchen; an den<lb/>
ausgeſchweiften Spitzen der Dächer hingen all¬<lb/>
wärts kleine Glöcklein. Auch ein Uhrgehäuſe<lb/>
für eine Damenuhr war angebracht mit ſchönen<lb/>
Häckchen an den Säulen, um die goldene Kette<lb/>
daran zu henken und an dem Gebäude hin und<lb/>
herzuſchlängeln; aber bisjetzt hatte ſich noch kein<lb/>
Uhrenmacher genähert, welcher eine Uhr, und kein<lb/>
Goldſchmied, welcher eine Kette auf dieſen Altar<lb/>
gelegt hätte. Eine unendliche Mühe und Kunſt¬<lb/>
fertigkeit war an dieſem ſinnreichen Tempel ver¬<lb/>ſchwendet und der geometriſche Plan nicht min¬<lb/>
der mühevoll, als die ſaubere genaue Arbeit.<lb/>
Als das Denkmal eines ſchön verlebten Jahrs<lb/>
fertig war, ermunterte Züs Bünzlin den guten<lb/>
Buchbinder, mit Bezwingung ihrer ſelbſt, ſich<lb/>
nun loszureißen und ſeinen Stab weiter zu ſetzen,<lb/></p></div></body></text></TEI>
[393/0405]
und geheimen Fächern, den man in vielen Stücken
auseinander nehmen konnte. Mit den feinſten
farbigen und gepreßten Papieren war er beklebt
und überall mit Goldbördchen geziert. Spiegel¬
wände und Säulen wechſelten ab und hob man
ein Stück ab oder öffnete ein Gelaß, ſo erblickte
man neue Spiegel und verborgene Bilderchen,
Blumenbouquets und liebende Pärchen; an den
ausgeſchweiften Spitzen der Dächer hingen all¬
wärts kleine Glöcklein. Auch ein Uhrgehäuſe
für eine Damenuhr war angebracht mit ſchönen
Häckchen an den Säulen, um die goldene Kette
daran zu henken und an dem Gebäude hin und
herzuſchlängeln; aber bisjetzt hatte ſich noch kein
Uhrenmacher genähert, welcher eine Uhr, und kein
Goldſchmied, welcher eine Kette auf dieſen Altar
gelegt hätte. Eine unendliche Mühe und Kunſt¬
fertigkeit war an dieſem ſinnreichen Tempel ver¬
ſchwendet und der geometriſche Plan nicht min¬
der mühevoll, als die ſaubere genaue Arbeit.
Als das Denkmal eines ſchön verlebten Jahrs
fertig war, ermunterte Züs Bünzlin den guten
Buchbinder, mit Bezwingung ihrer ſelbſt, ſich
nun loszureißen und ſeinen Stab weiter zu ſetzen,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Keller, Gottfried: Die Leute von Seldwyla. Braunschweig, 1856, S. 393. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_seldwyla_1856/405>, abgerufen am 27.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.