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Keller, Gottfried: Die Leute von Seldwyla. Braunschweig, 1856.

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son gleichsam zu verdreifachen, indem er unauf¬
hörlich die Lage wechselte und sich vorstellte, als
ob drei zumal im Bette lägen, von denen zwei
den dritten ersuchten, sich doch nicht zu geniren
und es sich bequem zu machen. Dieser Dritte
war er selbst und er wickelte sich auf die Ein¬
ladung hin wollüstig in die ganze Decke oder
spreizte die Beine weit auseinander, legte sich
quer über das Bett oder schlug in harmloser
Lust Purzelbäume darin. Eines Tages aber,
als er noch beim Abendscheine schon im Bette
lag, kam unverhofft noch ein fremder Geselle
zugesprochen und wurde von der Meisterin in
die Schlafkammer gewiesen. Jobst lag eben in
wähligem Behagen mit dem Kopfe am Fußende
und mit den Füßen auf den Pfülmen, als der
Fremde eintrat, sein schweres Felleisen abstellte
und unverweilt anfing, sich auszuziehen, da er
müde war. Jobst schnellte blitzschnell herum und
streckte sich steif an seinen ursprünglichen Platz
an der Wand, und er dachte: "Der wird bald
wieder ausreißen, da es Sommer ist und lieblich
zu wandern!" In dieser Hoffnung ergab er
sich mit stillen Seufzern in sein Schicksal und

ſon gleichſam zu verdreifachen, indem er unauf¬
hörlich die Lage wechſelte und ſich vorſtellte, als
ob drei zumal im Bette lägen, von denen zwei
den dritten erſuchten, ſich doch nicht zu geniren
und es ſich bequem zu machen. Dieſer Dritte
war er ſelbſt und er wickelte ſich auf die Ein¬
ladung hin wollüſtig in die ganze Decke oder
ſpreizte die Beine weit auseinander, legte ſich
quer über das Bett oder ſchlug in harmloſer
Luſt Purzelbäume darin. Eines Tages aber,
als er noch beim Abendſcheine ſchon im Bette
lag, kam unverhofft noch ein fremder Geſelle
zugeſprochen und wurde von der Meiſterin in
die Schlafkammer gewieſen. Jobſt lag eben in
wähligem Behagen mit dem Kopfe am Fußende
und mit den Füßen auf den Pfülmen, als der
Fremde eintrat, ſein ſchweres Felleiſen abſtellte
und unverweilt anfing, ſich auszuziehen, da er
müde war. Jobſt ſchnellte blitzſchnell herum und
ſtreckte ſich ſteif an ſeinen urſprünglichen Platz
an der Wand, und er dachte: »Der wird bald
wieder ausreißen, da es Sommer iſt und lieblich
zu wandern!« In dieſer Hoffnung ergab er
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[375/0387] ſon gleichſam zu verdreifachen, indem er unauf¬ hörlich die Lage wechſelte und ſich vorſtellte, als ob drei zumal im Bette lägen, von denen zwei den dritten erſuchten, ſich doch nicht zu geniren und es ſich bequem zu machen. Dieſer Dritte war er ſelbſt und er wickelte ſich auf die Ein¬ ladung hin wollüſtig in die ganze Decke oder ſpreizte die Beine weit auseinander, legte ſich quer über das Bett oder ſchlug in harmloſer Luſt Purzelbäume darin. Eines Tages aber, als er noch beim Abendſcheine ſchon im Bette lag, kam unverhofft noch ein fremder Geſelle zugeſprochen und wurde von der Meiſterin in die Schlafkammer gewieſen. Jobſt lag eben in wähligem Behagen mit dem Kopfe am Fußende und mit den Füßen auf den Pfülmen, als der Fremde eintrat, ſein ſchweres Felleiſen abſtellte und unverweilt anfing, ſich auszuziehen, da er müde war. Jobſt ſchnellte blitzſchnell herum und ſtreckte ſich ſteif an ſeinen urſprünglichen Platz an der Wand, und er dachte: »Der wird bald wieder ausreißen, da es Sommer iſt und lieblich zu wandern!« In dieſer Hoffnung ergab er ſich mit ſtillen Seufzern in ſein Schickſal und

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Die Leute von Seldwyla. Braunschweig, 1856, S. 375. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_seldwyla_1856/387>, abgerufen am 28.11.2024.