die übrigen zwei Paare einen Zug hinter ihnen formirten, welchen der Bucklige beschloß mit sei¬ ner Baßgeige auf dem Rücken. Der Schwarze zog voran und spielte auf seiner Geige wie be¬ sessen den Berg hinunter, und die anderen lach¬ ten, sangen und sprangen hintendrein. So strich der tolle nächtliche Zug durch die stillen Felder und durch das Heimathdorf Salis und Vrenchens, dessen Bewohner längst schliefen.
Als sie durch die stillen Gassen kamen und an ihren verlorenen Vaterhäusern vorüber, er¬ griff sie eine schmerzhaft wilde Laune und sie tanzten mit den Andern um die Wette hinter dem Geiger her, küßten sich, lachten und wein¬ ten. Sie tanzten auch den Hügel hinauf, über welchen der Geiger sie anführte, wo die drei Äcker lagen, und oben strich der schwärzliche Kerl die Geige noch einmal so wild, sprang und hüpfte wie ein Gespenst, und seine Gefährten blieben nicht zurück in der Ausgelassenheit, so daß es ein wahrer Blocksberg war auf der stil¬ len Höhe; selbst der Bucklige sprang keuchend mit seiner Last herum und keines schien mehr das andere zu sehen. Sali faßte Vrenchen fester
die übrigen zwei Paare einen Zug hinter ihnen formirten, welchen der Bucklige beſchloß mit ſei¬ ner Baßgeige auf dem Rücken. Der Schwarze zog voran und ſpielte auf ſeiner Geige wie be¬ ſeſſen den Berg hinunter, und die anderen lach¬ ten, ſangen und ſprangen hintendrein. So ſtrich der tolle nächtliche Zug durch die ſtillen Felder und durch das Heimathdorf Salis und Vrenchens, deſſen Bewohner längſt ſchliefen.
Als ſie durch die ſtillen Gaſſen kamen und an ihren verlorenen Vaterhäuſern vorüber, er¬ griff ſie eine ſchmerzhaft wilde Laune und ſie tanzten mit den Andern um die Wette hinter dem Geiger her, küßten ſich, lachten und wein¬ ten. Sie tanzten auch den Hügel hinauf, über welchen der Geiger ſie anführte, wo die drei Äcker lagen, und oben ſtrich der ſchwärzliche Kerl die Geige noch einmal ſo wild, ſprang und hüpfte wie ein Geſpenſt, und ſeine Gefährten blieben nicht zurück in der Ausgelaſſenheit, ſo daß es ein wahrer Blocksberg war auf der ſtil¬ len Höhe; ſelbſt der Bucklige ſprang keuchend mit ſeiner Laſt herum und keines ſchien mehr das andere zu ſehen. Sali faßte Vrenchen feſter
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0360"n="348"/>
die übrigen zwei Paare einen Zug hinter ihnen<lb/>
formirten, welchen der Bucklige beſchloß mit ſei¬<lb/>
ner Baßgeige auf dem Rücken. Der Schwarze<lb/>
zog voran und ſpielte auf ſeiner Geige wie be¬<lb/>ſeſſen den Berg hinunter, und die anderen lach¬<lb/>
ten, ſangen und ſprangen hintendrein. So ſtrich<lb/>
der tolle nächtliche Zug durch die ſtillen Felder<lb/>
und durch das Heimathdorf Salis und Vrenchens,<lb/>
deſſen Bewohner längſt ſchliefen.</p><lb/><p>Als ſie durch die ſtillen Gaſſen kamen und<lb/>
an ihren verlorenen Vaterhäuſern vorüber, er¬<lb/>
griff ſie eine ſchmerzhaft wilde Laune und ſie<lb/>
tanzten mit den Andern um die Wette hinter<lb/>
dem Geiger her, küßten ſich, lachten und wein¬<lb/>
ten. Sie tanzten auch den Hügel hinauf, über<lb/>
welchen der Geiger ſie anführte, wo die drei<lb/>
Äcker lagen, und oben ſtrich der ſchwärzliche<lb/>
Kerl die Geige noch einmal ſo wild, ſprang und<lb/>
hüpfte wie ein Geſpenſt, und ſeine Gefährten<lb/>
blieben nicht zurück in der Ausgelaſſenheit, ſo<lb/>
daß es ein wahrer Blocksberg war auf der ſtil¬<lb/>
len Höhe; ſelbſt der Bucklige ſprang keuchend<lb/>
mit ſeiner Laſt herum und keines ſchien mehr<lb/>
das andere zu ſehen. Sali faßte Vrenchen feſter<lb/></p></div></body></text></TEI>
[348/0360]
die übrigen zwei Paare einen Zug hinter ihnen
formirten, welchen der Bucklige beſchloß mit ſei¬
ner Baßgeige auf dem Rücken. Der Schwarze
zog voran und ſpielte auf ſeiner Geige wie be¬
ſeſſen den Berg hinunter, und die anderen lach¬
ten, ſangen und ſprangen hintendrein. So ſtrich
der tolle nächtliche Zug durch die ſtillen Felder
und durch das Heimathdorf Salis und Vrenchens,
deſſen Bewohner längſt ſchliefen.
Als ſie durch die ſtillen Gaſſen kamen und
an ihren verlorenen Vaterhäuſern vorüber, er¬
griff ſie eine ſchmerzhaft wilde Laune und ſie
tanzten mit den Andern um die Wette hinter
dem Geiger her, küßten ſich, lachten und wein¬
ten. Sie tanzten auch den Hügel hinauf, über
welchen der Geiger ſie anführte, wo die drei
Äcker lagen, und oben ſtrich der ſchwärzliche
Kerl die Geige noch einmal ſo wild, ſprang und
hüpfte wie ein Geſpenſt, und ſeine Gefährten
blieben nicht zurück in der Ausgelaſſenheit, ſo
daß es ein wahrer Blocksberg war auf der ſtil¬
len Höhe; ſelbſt der Bucklige ſprang keuchend
mit ſeiner Laſt herum und keines ſchien mehr
das andere zu ſehen. Sali faßte Vrenchen feſter
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Keller, Gottfried: Die Leute von Seldwyla. Braunschweig, 1856, S. 348. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_seldwyla_1856/360>, abgerufen am 27.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.