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Keller, Gottfried: Die Leute von Seldwyla. Braunschweig, 1856.

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trank und ließ es ebenfalls nicht an Liebesbe¬
zeugungen fehlen, und der Geiger nebst dem
buckligen Baßgeiger lärmten in's Blaue hinein.
Sali und Vrenchen waren still und hielten sich
umschlungen; auf einmal gebot der Geiger Stille
und führte eine spaßhafte Ceremonie auf, welche
eine Trauung vorstellen sollte. Sie mußten sich
die Hände geben und die Gesellschaft stand auf
und trat der Reihe nach zu ihnen, um sie zu
beglückwünschen und in ihrer Verbrüderung will¬
kommen zu heißen. Sie ließen es geschehen,
ohne ein Wort zu sagen, und betrachteten es als
einen Spaß, während es sie doch kalt und heiß
durchschauerte.

Die kleine Versammlung wurde jetzt immer
lauter und aufgeregter, angefeuert durch den
stärkeren Wein, bis plötzlich der Geiger zum
Aufbruch mahnte. "Wir haben weit, rief er,
und Mitternacht ist vorüber! Auf! wir wollen
dem Brautpaar das Geleit geben und ich will
vorausgeigen, daß es eine Art hat!" Da die
rathlosen Verlassenen nichts besseres wußten und
überhaupt ganz verwirrt waren, ließen sie aber¬
mals geschehen, daß man sie voranstellte und

trank und ließ es ebenfalls nicht an Liebesbe¬
zeugungen fehlen, und der Geiger nebſt dem
buckligen Baßgeiger lärmten in's Blaue hinein.
Sali und Vrenchen waren ſtill und hielten ſich
umſchlungen; auf einmal gebot der Geiger Stille
und führte eine ſpaßhafte Ceremonie auf, welche
eine Trauung vorſtellen ſollte. Sie mußten ſich
die Hände geben und die Geſellſchaft ſtand auf
und trat der Reihe nach zu ihnen, um ſie zu
beglückwünſchen und in ihrer Verbrüderung will¬
kommen zu heißen. Sie ließen es geſchehen,
ohne ein Wort zu ſagen, und betrachteten es als
einen Spaß, während es ſie doch kalt und heiß
durchſchauerte.

Die kleine Verſammlung wurde jetzt immer
lauter und aufgeregter, angefeuert durch den
ſtärkeren Wein, bis plötzlich der Geiger zum
Aufbruch mahnte. »Wir haben weit, rief er,
und Mitternacht iſt vorüber! Auf! wir wollen
dem Brautpaar das Geleit geben und ich will
vorausgeigen, daß es eine Art hat!« Da die
rathloſen Verlaſſenen nichts beſſeres wußten und
überhaupt ganz verwirrt waren, ließen ſie aber¬
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[347/0359] trank und ließ es ebenfalls nicht an Liebesbe¬ zeugungen fehlen, und der Geiger nebſt dem buckligen Baßgeiger lärmten in's Blaue hinein. Sali und Vrenchen waren ſtill und hielten ſich umſchlungen; auf einmal gebot der Geiger Stille und führte eine ſpaßhafte Ceremonie auf, welche eine Trauung vorſtellen ſollte. Sie mußten ſich die Hände geben und die Geſellſchaft ſtand auf und trat der Reihe nach zu ihnen, um ſie zu beglückwünſchen und in ihrer Verbrüderung will¬ kommen zu heißen. Sie ließen es geſchehen, ohne ein Wort zu ſagen, und betrachteten es als einen Spaß, während es ſie doch kalt und heiß durchſchauerte. Die kleine Verſammlung wurde jetzt immer lauter und aufgeregter, angefeuert durch den ſtärkeren Wein, bis plötzlich der Geiger zum Aufbruch mahnte. »Wir haben weit, rief er, und Mitternacht iſt vorüber! Auf! wir wollen dem Brautpaar das Geleit geben und ich will vorausgeigen, daß es eine Art hat!« Da die rathloſen Verlaſſenen nichts beſſeres wußten und überhaupt ganz verwirrt waren, ließen ſie aber¬ mals geſchehen, daß man ſie voranſtellte und

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Die Leute von Seldwyla. Braunschweig, 1856, S. 347. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_seldwyla_1856/359>, abgerufen am 27.11.2024.