in diesem Hause gewesen, habe ich den Vater oft sagen hören, nun steht sie da als der letzte Wächter!" Sie hingen den rostigen Hausschlüssel an einen rostigen Schnörkel der alten Waffe, an welcher die Bohnen rankten, und gingen davon. Vrenchen wurde aber bleicher und verhüllte ein Weilchen die Augen, daß Sali es führen mußte, bis sie ein Dutzend Schritte entfernt waren. Es sah aber nicht zurück. "Wo gehen wir nun zuerst hin?" fragte es. "Wir wollen ordentlich über Land gehen, erwiederte Sali, wo es uns freut den ganzen Tag, uns nicht übereilen, und ge¬ gen Abend werden wir dann schon einen Tanz¬ platz finden!" "Gut!" sagte Vrenchen, "den ganzen Tag werden wir beisammen sein und gehn wo wir Lust haben. Jetzt ist mir aber elend, wir wollen gleich im andern Dorf einen Kaffee trinken!" "Versteht sich!" sagte Sali, "mach nur, daß wir aus diesem Dorf weg¬ kommen!"
Bald waren sie auch im freien Felde und gingen still neben einander durch die Fluren; es war ein schöner Sonntagmorgen im September, keine Wolke stand am Himmel, die Höhen und
in dieſem Hauſe geweſen, habe ich den Vater oft ſagen hören, nun ſteht ſie da als der letzte Wächter!« Sie hingen den roſtigen Hausſchlüſſel an einen roſtigen Schnörkel der alten Waffe, an welcher die Bohnen rankten, und gingen davon. Vrenchen wurde aber bleicher und verhüllte ein Weilchen die Augen, daß Sali es führen mußte, bis ſie ein Dutzend Schritte entfernt waren. Es ſah aber nicht zurück. »Wo gehen wir nun zuerſt hin?« fragte es. »Wir wollen ordentlich über Land gehen, erwiederte Sali, wo es uns freut den ganzen Tag, uns nicht übereilen, und ge¬ gen Abend werden wir dann ſchon einen Tanz¬ platz finden!« »Gut!« ſagte Vrenchen, »den ganzen Tag werden wir beiſammen ſein und gehn wo wir Luſt haben. Jetzt iſt mir aber elend, wir wollen gleich im andern Dorf einen Kaffee trinken!« »Verſteht ſich!« ſagte Sali, »mach nur, daß wir aus dieſem Dorf weg¬ kommen!«
Bald waren ſie auch im freien Felde und gingen ſtill neben einander durch die Fluren; es war ein ſchöner Sonntagmorgen im September, keine Wolke ſtand am Himmel, die Höhen und
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0327"n="315"/>
in dieſem Hauſe geweſen, habe ich den Vater<lb/>
oft ſagen hören, nun ſteht ſie da als der letzte<lb/>
Wächter!« Sie hingen den roſtigen Hausſchlüſſel<lb/>
an einen roſtigen Schnörkel der alten Waffe, an<lb/>
welcher die Bohnen rankten, und gingen davon.<lb/>
Vrenchen wurde aber bleicher und verhüllte ein<lb/>
Weilchen die Augen, daß Sali es führen mußte,<lb/>
bis ſie ein Dutzend Schritte entfernt waren. Es<lb/>ſah aber nicht zurück. »Wo gehen wir nun zuerſt<lb/>
hin?« fragte es. »Wir wollen ordentlich über<lb/>
Land gehen, erwiederte Sali, wo es uns freut<lb/>
den ganzen Tag, uns nicht übereilen, und ge¬<lb/>
gen Abend werden wir dann ſchon einen Tanz¬<lb/>
platz finden!« »Gut!« ſagte Vrenchen, »den<lb/>
ganzen Tag werden wir beiſammen ſein und<lb/>
gehn wo wir Luſt haben. Jetzt iſt mir aber<lb/>
elend, wir wollen gleich im andern Dorf einen<lb/>
Kaffee trinken!« »Verſteht ſich!« ſagte Sali,<lb/>
»mach nur, daß wir aus dieſem Dorf weg¬<lb/>
kommen!«</p><lb/><p>Bald waren ſie auch im freien Felde und<lb/>
gingen ſtill neben einander durch die Fluren; es<lb/>
war ein ſchöner Sonntagmorgen im September,<lb/>
keine Wolke ſtand am Himmel, die Höhen und<lb/></p></div></body></text></TEI>
[315/0327]
in dieſem Hauſe geweſen, habe ich den Vater
oft ſagen hören, nun ſteht ſie da als der letzte
Wächter!« Sie hingen den roſtigen Hausſchlüſſel
an einen roſtigen Schnörkel der alten Waffe, an
welcher die Bohnen rankten, und gingen davon.
Vrenchen wurde aber bleicher und verhüllte ein
Weilchen die Augen, daß Sali es führen mußte,
bis ſie ein Dutzend Schritte entfernt waren. Es
ſah aber nicht zurück. »Wo gehen wir nun zuerſt
hin?« fragte es. »Wir wollen ordentlich über
Land gehen, erwiederte Sali, wo es uns freut
den ganzen Tag, uns nicht übereilen, und ge¬
gen Abend werden wir dann ſchon einen Tanz¬
platz finden!« »Gut!« ſagte Vrenchen, »den
ganzen Tag werden wir beiſammen ſein und
gehn wo wir Luſt haben. Jetzt iſt mir aber
elend, wir wollen gleich im andern Dorf einen
Kaffee trinken!« »Verſteht ſich!« ſagte Sali,
»mach nur, daß wir aus dieſem Dorf weg¬
kommen!«
Bald waren ſie auch im freien Felde und
gingen ſtill neben einander durch die Fluren; es
war ein ſchöner Sonntagmorgen im September,
keine Wolke ſtand am Himmel, die Höhen und
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Keller, Gottfried: Die Leute von Seldwyla. Braunschweig, 1856, S. 315. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_seldwyla_1856/327>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.