entgegengesetzte Gefahr, an übel gewendeter That¬ kraft zu verderben. So wetterwendisch nämlich sonst die Seldwyler in ihren politischen Stimmun¬ gen waren, so beharrlich blieben sie in der Theil¬ nahme an allem Freischaaren- und Zuzügerwesen, und wenn irgendwo in der Nachbarschaft es galt, gewaltsam ein widerstehendes Regiment zu spren¬ gen, eine schwache Mehrheit einzuschüchtern oder einer trotzigen ungefügigen Minderheit bewaffnet beizuspringen, so zog jedesmal, mochte nun die herrschende Stimmung sein welche sie wollte, von Seldwyla ein Trupp bewaffneter Leute aus nach dem aufgeregten Punkte hin, bald bei Nacht und Nebel auf Seitenwegen, bald am hellen Tage auf offener Landstraße, je nachdem ihnen die Luft sicher schien. Denn nichts dünkte sie so ergötzlich, als bei schönem Wetter einige Tage im Lande herumzustreichen, zu sechzig oder siebenzig, wohlbe¬ waffnet mit feinen Zielgewehren, versehen mit gewichtigen drohenden Bleikugeln und silbernen Thalern, mittelst letzterer sich in den besetzten Wirthshäusern gütlich zu thun und mit tüchtigem Hallo, das Glas in der Hand, auf andere Zu¬ züge zu stoßen, denen es ebenfalls mehr oder
entgegengeſetzte Gefahr, an übel gewendeter That¬ kraft zu verderben. So wetterwendiſch nämlich ſonſt die Seldwyler in ihren politiſchen Stimmun¬ gen waren, ſo beharrlich blieben ſie in der Theil¬ nahme an allem Freiſchaaren- und Zuzügerweſen, und wenn irgendwo in der Nachbarſchaft es galt, gewaltſam ein widerſtehendes Regiment zu ſpren¬ gen, eine ſchwache Mehrheit einzuſchüchtern oder einer trotzigen ungefügigen Minderheit bewaffnet beizuſpringen, ſo zog jedesmal, mochte nun die herrſchende Stimmung ſein welche ſie wollte, von Seldwyla ein Trupp bewaffneter Leute aus nach dem aufgeregten Punkte hin, bald bei Nacht und Nebel auf Seitenwegen, bald am hellen Tage auf offener Landſtraße, je nachdem ihnen die Luft ſicher ſchien. Denn nichts dünkte ſie ſo ergötzlich, als bei ſchönem Wetter einige Tage im Lande herumzuſtreichen, zu ſechzig oder ſiebenzig, wohlbe¬ waffnet mit feinen Zielgewehren, verſehen mit gewichtigen drohenden Bleikugeln und ſilbernen Thalern, mittelſt letzterer ſich in den beſetzten Wirthshäuſern gütlich zu thun und mit tüchtigem Hallo, das Glas in der Hand, auf andere Zu¬ züge zu ſtoßen, denen es ebenfalls mehr oder
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entgegengeſetzte Gefahr, an übel gewendeter That¬
kraft zu verderben. So wetterwendiſch nämlich
ſonſt die Seldwyler in ihren politiſchen Stimmun¬
gen waren, ſo beharrlich blieben ſie in der Theil¬
nahme an allem Freiſchaaren- und Zuzügerweſen,
und wenn irgendwo in der Nachbarſchaft es galt,
gewaltſam ein widerſtehendes Regiment zu ſpren¬
gen, eine ſchwache Mehrheit einzuſchüchtern oder
einer trotzigen ungefügigen Minderheit bewaffnet
beizuſpringen, ſo zog jedesmal, mochte nun die
herrſchende Stimmung ſein welche ſie wollte, von
Seldwyla ein Trupp bewaffneter Leute aus nach
dem aufgeregten Punkte hin, bald bei Nacht und
Nebel auf Seitenwegen, bald am hellen Tage auf
offener Landſtraße, je nachdem ihnen die Luft
ſicher ſchien. Denn nichts dünkte ſie ſo ergötzlich,
als bei ſchönem Wetter einige Tage im Lande
herumzuſtreichen, zu ſechzig oder ſiebenzig, wohlbe¬
waffnet mit feinen Zielgewehren, verſehen mit
gewichtigen drohenden Bleikugeln und ſilbernen
Thalern, mittelſt letzterer ſich in den beſetzten
Wirthshäuſern gütlich zu thun und mit tüchtigem
Hallo, das Glas in der Hand, auf andere Zu¬
züge zu ſtoßen, denen es ebenfalls mehr oder
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Keller, Gottfried: Die Leute von Seldwyla. Braunschweig, 1856, S. 160. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_seldwyla_1856/172>, abgerufen am 28.11.2024.
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