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Keller, Gottfried: Die Leute von Seldwyla. Braunschweig, 1856.

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zweitens aber, daß wenn eine Gefahr für ihn
vorhanden wäre, auf den breiten Weg der Stadt
zu tölpeln, diese Gefahr nur von Seiten der
Damen von Seldwyla herkommen könne, und sie
sagte sogleich in ihrem Herzen: Also da willst
Du hinaus, Du Schuft?

Die Schönen dieser Stadt waren nicht schlim¬
mer gesinnt als ihre Männer und sie hielten,
wenn sie erst zu Jahren kamen, noch manches
zusammen, was diese lieber auch noch zerstreut
hätten. Allein da die Männer sich gern lustig
machten, so wollten sie, so lange es ihnen gut
erging, auch nicht zurückbleiben, und bei dem
schönen Geschlechte laufen bekanntlich alle Abir¬
rungen und Unzukömmlichkeiten zuletzt nur auf
ein und dasselbe Ende hinaus, jene alte Ge¬
schichte, welche vielfältige Rückwirkungen auf das
Wohl oder Weh der Herren Mitschuldigen mit
sich führt. Sonach ging es auch in dieser Hin¬
sicht zu Seldwyla etwas lustiger zu, als an
anderen Orten.

Wie nun Frau Amrain ihre schwarzen Augen
offen hielt und mit zorniger Bangigkeit auf¬
merkte, wann und wie man etwa ihr Kind ver¬

zweitens aber, daß wenn eine Gefahr für ihn
vorhanden wäre, auf den breiten Weg der Stadt
zu tölpeln, dieſe Gefahr nur von Seiten der
Damen von Seldwyla herkommen könne, und ſie
ſagte ſogleich in ihrem Herzen: Alſo da willſt
Du hinaus, Du Schuft?

Die Schönen dieſer Stadt waren nicht ſchlim¬
mer geſinnt als ihre Männer und ſie hielten,
wenn ſie erſt zu Jahren kamen, noch manches
zuſammen, was dieſe lieber auch noch zerſtreut
hätten. Allein da die Männer ſich gern luſtig
machten, ſo wollten ſie, ſo lange es ihnen gut
erging, auch nicht zurückbleiben, und bei dem
ſchönen Geſchlechte laufen bekanntlich alle Abir¬
rungen und Unzukömmlichkeiten zuletzt nur auf
ein und daſſelbe Ende hinaus, jene alte Ge¬
ſchichte, welche vielfältige Rückwirkungen auf das
Wohl oder Weh der Herren Mitſchuldigen mit
ſich führt. Sonach ging es auch in dieſer Hin¬
ſicht zu Seldwyla etwas luſtiger zu, als an
anderen Orten.

Wie nun Frau Amrain ihre ſchwarzen Augen
offen hielt und mit zorniger Bangigkeit auf¬
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[138/0150] zweitens aber, daß wenn eine Gefahr für ihn vorhanden wäre, auf den breiten Weg der Stadt zu tölpeln, dieſe Gefahr nur von Seiten der Damen von Seldwyla herkommen könne, und ſie ſagte ſogleich in ihrem Herzen: Alſo da willſt Du hinaus, Du Schuft? Die Schönen dieſer Stadt waren nicht ſchlim¬ mer geſinnt als ihre Männer und ſie hielten, wenn ſie erſt zu Jahren kamen, noch manches zuſammen, was dieſe lieber auch noch zerſtreut hätten. Allein da die Männer ſich gern luſtig machten, ſo wollten ſie, ſo lange es ihnen gut erging, auch nicht zurückbleiben, und bei dem ſchönen Geſchlechte laufen bekanntlich alle Abir¬ rungen und Unzukömmlichkeiten zuletzt nur auf ein und daſſelbe Ende hinaus, jene alte Ge¬ ſchichte, welche vielfältige Rückwirkungen auf das Wohl oder Weh der Herren Mitſchuldigen mit ſich führt. Sonach ging es auch in dieſer Hin¬ ſicht zu Seldwyla etwas luſtiger zu, als an anderen Orten. Wie nun Frau Amrain ihre ſchwarzen Augen offen hielt und mit zorniger Bangigkeit auf¬ merkte, wann und wie man etwa ihr Kind ver¬

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Die Leute von Seldwyla. Braunschweig, 1856, S. 138. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_seldwyla_1856/150>, abgerufen am 05.12.2024.