Keller, Gottfried: Sieben Legenden. Stuttgart, 1872.den Arm und ging eilfertig davon in der Richtung, Endlich erwachte er aus seiner Starrheit und stieß den Arm und ging eilfertig davon in der Richtung, Endlich erwachte er aus ſeiner Starrheit und ſtieß <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0090" n="76"/> den Arm und ging eilfertig davon in der Richtung,<lb/> woher ſie gekommen waren. Als ſie jedoch dem noch<lb/> ganz verblüfften und zerſtreuten Herrn aus den Au¬<lb/> gen war, ging ſie ſchlauer Weiſe nicht weiter, ſondern<lb/> um das Gehölze herum, trat leiſe wieder in dasſelbe<lb/> hinein und verbarg ſich, kaum fünfzig Schritte von<lb/> dem Getäuſchten entfernt, hinter den Buchenſtämmchen,<lb/> welche ſich in dieſer Entfernung durch ihre Menge<lb/> eben hinreichend in einander ſchoben, um die kluge<lb/> Frau zur Noth zu bedecken. Sie hielt ſich ganz ſtill;<lb/> nur ein Sonnenſtrahl fiel auf einen edlen Stein an<lb/> ihrem Hals, ſo daß derſelbe durch das Gehölz blitzte,<lb/> ohne daß ſie es wußte. Der Baron ſah ſogar die¬<lb/> ſen Schein und ſtarrte in ſeiner Verwirrung einen<lb/> Augenblick hin. Aber er hielt es für einen ſchim¬<lb/> mernden Thautropfen an einem Baumblatt und<lb/> achtete nicht darauf.</p><lb/> <p>Endlich erwachte er aus ſeiner Starrheit und ſtieß<lb/> mit Macht in ſein Jagdhorn. Als ſeine Leute her¬<lb/> bei gekommen, ſprang er auf's Pferd und jagte der<lb/> Entflohenen nach, um ſich ihrer wieder zu verſichern.<lb/> Es dauerte wohl eine Stunde, bis die Reiter wieder<lb/> zurückkamen und verdrießlich und langſam durch die<lb/> Buchen zogen, ohne ſich diesmal aufzuhalten. Sobald die<lb/> lauſchende Beatrix den Weg ſicher ſah, machte ſie ſich auf<lb/> und eilte heimwärts, ohne ihre feinen Schuhe zu ſchonen.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [76/0090]
den Arm und ging eilfertig davon in der Richtung,
woher ſie gekommen waren. Als ſie jedoch dem noch
ganz verblüfften und zerſtreuten Herrn aus den Au¬
gen war, ging ſie ſchlauer Weiſe nicht weiter, ſondern
um das Gehölze herum, trat leiſe wieder in dasſelbe
hinein und verbarg ſich, kaum fünfzig Schritte von
dem Getäuſchten entfernt, hinter den Buchenſtämmchen,
welche ſich in dieſer Entfernung durch ihre Menge
eben hinreichend in einander ſchoben, um die kluge
Frau zur Noth zu bedecken. Sie hielt ſich ganz ſtill;
nur ein Sonnenſtrahl fiel auf einen edlen Stein an
ihrem Hals, ſo daß derſelbe durch das Gehölz blitzte,
ohne daß ſie es wußte. Der Baron ſah ſogar die¬
ſen Schein und ſtarrte in ſeiner Verwirrung einen
Augenblick hin. Aber er hielt es für einen ſchim¬
mernden Thautropfen an einem Baumblatt und
achtete nicht darauf.
Endlich erwachte er aus ſeiner Starrheit und ſtieß
mit Macht in ſein Jagdhorn. Als ſeine Leute her¬
bei gekommen, ſprang er auf's Pferd und jagte der
Entflohenen nach, um ſich ihrer wieder zu verſichern.
Es dauerte wohl eine Stunde, bis die Reiter wieder
zurückkamen und verdrießlich und langſam durch die
Buchen zogen, ohne ſich diesmal aufzuhalten. Sobald die
lauſchende Beatrix den Weg ſicher ſah, machte ſie ſich auf
und eilte heimwärts, ohne ihre feinen Schuhe zu ſchonen.
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