Keller, Gottfried: Sieben Legenden. Stuttgart, 1872.daß die Hufe der Pferde kaum die Schäume der Endlich nahmen alle Hügel und alle Bäume ein Unversehens hielt der Reiter an, sprang vom Pferde daß die Hufe der Pferde kaum die Schäume der Endlich nahmen alle Hügel und alle Bäume ein Unverſehens hielt der Reiter an, ſprang vom Pferde <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0053" n="39"/> daß die Hufe der Pferde kaum die Schäume der<lb/> Wellen berührten. Von ſauſendem Sturme gejagt,<lb/> wälzte ſich vor den Roſſen her eine roſig duftende<lb/> Wolke, die in der Dämmerung leuchtete, und jene Nach¬<lb/> tigall flog unſichtbar vor dem Paare her und ſetzte<lb/> ſich da und dort auf einen Baum, ſingend, daß die<lb/> Lüfte ſchallten.</p><lb/> <p>Endlich nahmen alle Hügel und alle Bäume ein<lb/> Ende und die Beiden ritten in eine endloſe Haide<lb/> hinein, in deren Mitte wie aus weiter Ferne die<lb/> Nachtigall ſchlug, obgleich weder Strauch noch Zweig<lb/> zu ahnen war, auf dem ſie hätte ſitzen können.</p><lb/> <p>Unverſehens hielt der Reiter an, ſprang vom Pferde<lb/> und half der Dame mit den Geberden eines voll¬<lb/> kommenen Ritters aus dem Sattel. Kaum berührte<lb/> ihr Fuß die Haide, ſo entſproß rings um das Paar<lb/> ein mannshoher Roſengarten mit einem herrlichen<lb/> Brunnen und Ruheſitz, über welchem ein Sternen¬<lb/> himmel funkelte, ſo hell, daß man bei ſeinem Lichte hätte<lb/> leſen können. Der Brunnen aber beſtand aus einer gro¬<lb/> ßen runden Schale, in welcher einige Teufel in der Weiſe,<lb/> wie man heut zu Tage lebende Bilder macht, eine ver¬<lb/> führeriſche weiße Marmorgruppe ſchöner Nymphen<lb/> bildeten oder darſtellten. Sie goſſen ſchimmerndes<lb/> Waſſer aus ihren hohlen Händen, wo ſie es hernah¬<lb/> men, wußte nur ihr Herr und Meiſter; das Waſſer<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [39/0053]
daß die Hufe der Pferde kaum die Schäume der
Wellen berührten. Von ſauſendem Sturme gejagt,
wälzte ſich vor den Roſſen her eine roſig duftende
Wolke, die in der Dämmerung leuchtete, und jene Nach¬
tigall flog unſichtbar vor dem Paare her und ſetzte
ſich da und dort auf einen Baum, ſingend, daß die
Lüfte ſchallten.
Endlich nahmen alle Hügel und alle Bäume ein
Ende und die Beiden ritten in eine endloſe Haide
hinein, in deren Mitte wie aus weiter Ferne die
Nachtigall ſchlug, obgleich weder Strauch noch Zweig
zu ahnen war, auf dem ſie hätte ſitzen können.
Unverſehens hielt der Reiter an, ſprang vom Pferde
und half der Dame mit den Geberden eines voll¬
kommenen Ritters aus dem Sattel. Kaum berührte
ihr Fuß die Haide, ſo entſproß rings um das Paar
ein mannshoher Roſengarten mit einem herrlichen
Brunnen und Ruheſitz, über welchem ein Sternen¬
himmel funkelte, ſo hell, daß man bei ſeinem Lichte hätte
leſen können. Der Brunnen aber beſtand aus einer gro¬
ßen runden Schale, in welcher einige Teufel in der Weiſe,
wie man heut zu Tage lebende Bilder macht, eine ver¬
führeriſche weiße Marmorgruppe ſchöner Nymphen
bildeten oder darſtellten. Sie goſſen ſchimmerndes
Waſſer aus ihren hohlen Händen, wo ſie es hernah¬
men, wußte nur ihr Herr und Meiſter; das Waſſer
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