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Keller, Gottfried: Sieben Legenden. Stuttgart, 1872.

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schen zu speisen, und wenn du hundert Jahre alt
würdest! dafür bringe mir dein Weib hier zur Stelle,
unfehlbar am Abend vor Walpurgistag!"

Es sprühte bei diesen Worten ein solches Feuer
aus seinen dunklen Augen, daß davon zwei röthliche
Lichter über den Rockärmel des Grafen und von da
über Moos und Tannenstämme wegstreiften. Da
sah Gebizo, wen er vor sich habe, und nahm das
Anerbieten des Mannes an. Dieser rührte das Ruder
und fuhr wieder auf die Mitte des Sees hinaus,
wo er sammt dem Schiffe im Wasser versank mit
einem Getön welches dem Gelächter von vielen eher¬
nen Glocken ähnlich war.

Gebizo eilte mit einer Gänsehaut bekleidet auf
dem geradesten Wege nach seiner Burg, untersuchte
sogleich Bertradens Bett und fand unter ihrem Kopf¬
kissen ein altes unscheinbares Buch, das er nicht lesen
konnte. Wie er aber darin blätterte, fiel ein Gold¬
stück nach dem andern heraus. Sobald er das merkte,
machte er sich mit dem Buche in das tiefste Gewölbe
seines Thurmes und blätterte dort in aller Verbor¬
genheit für's Erste, so lange das Osterfest dauerte,
einen hinreichenden Haufen Goldes aus dem interessan¬
ten Werke heraus.

Dann trat er wieder auf vor der Welt, lösete
alle seine Besitzungen ein, rief Werkleute herbei, die

ſchen zu ſpeiſen, und wenn du hundert Jahre alt
würdeſt! dafür bringe mir dein Weib hier zur Stelle,
unfehlbar am Abend vor Walpurgistag!“

Es ſprühte bei dieſen Worten ein ſolches Feuer
aus ſeinen dunklen Augen, daß davon zwei röthliche
Lichter über den Rockärmel des Grafen und von da
über Moos und Tannenſtämme wegſtreiften. Da
ſah Gebizo, wen er vor ſich habe, und nahm das
Anerbieten des Mannes an. Dieſer rührte das Ruder
und fuhr wieder auf die Mitte des Sees hinaus,
wo er ſammt dem Schiffe im Waſſer verſank mit
einem Getön welches dem Gelächter von vielen eher¬
nen Glocken ähnlich war.

Gebizo eilte mit einer Gänſehaut bekleidet auf
dem geradeſten Wege nach ſeiner Burg, unterſuchte
ſogleich Bertradens Bett und fand unter ihrem Kopf¬
kiſſen ein altes unſcheinbares Buch, das er nicht leſen
konnte. Wie er aber darin blätterte, fiel ein Gold¬
ſtück nach dem andern heraus. Sobald er das merkte,
machte er ſich mit dem Buche in das tiefſte Gewölbe
ſeines Thurmes und blätterte dort in aller Verbor¬
genheit für's Erſte, ſo lange das Oſterfeſt dauerte,
einen hinreichenden Haufen Goldes aus dem intereſſan¬
ten Werke heraus.

Dann trat er wieder auf vor der Welt, löſete
alle ſeine Beſitzungen ein, rief Werkleute herbei, die

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[35/0049] ſchen zu ſpeiſen, und wenn du hundert Jahre alt würdeſt! dafür bringe mir dein Weib hier zur Stelle, unfehlbar am Abend vor Walpurgistag!“ Es ſprühte bei dieſen Worten ein ſolches Feuer aus ſeinen dunklen Augen, daß davon zwei röthliche Lichter über den Rockärmel des Grafen und von da über Moos und Tannenſtämme wegſtreiften. Da ſah Gebizo, wen er vor ſich habe, und nahm das Anerbieten des Mannes an. Dieſer rührte das Ruder und fuhr wieder auf die Mitte des Sees hinaus, wo er ſammt dem Schiffe im Waſſer verſank mit einem Getön welches dem Gelächter von vielen eher¬ nen Glocken ähnlich war. Gebizo eilte mit einer Gänſehaut bekleidet auf dem geradeſten Wege nach ſeiner Burg, unterſuchte ſogleich Bertradens Bett und fand unter ihrem Kopf¬ kiſſen ein altes unſcheinbares Buch, das er nicht leſen konnte. Wie er aber darin blätterte, fiel ein Gold¬ ſtück nach dem andern heraus. Sobald er das merkte, machte er ſich mit dem Buche in das tiefſte Gewölbe ſeines Thurmes und blätterte dort in aller Verbor¬ genheit für's Erſte, ſo lange das Oſterfeſt dauerte, einen hinreichenden Haufen Goldes aus dem intereſſan¬ ten Werke heraus. Dann trat er wieder auf vor der Welt, löſete alle ſeine Beſitzungen ein, rief Werkleute herbei, die

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Sieben Legenden. Stuttgart, 1872, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_legenden_1872/49>, abgerufen am 23.11.2024.