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Keller, Gottfried: Sieben Legenden. Stuttgart, 1872.

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seltsamer Weise der beiden Hyazinthen mit keiner
Silbe erwähnte. Die Erzählung gefiel ihm nicht
übel, überhaupt wurde es ihm jede Minute schwerer,
sein Wohlgefallen an der schönen Wiedergefundenen
zu verbergen. Aber dennoch bezwang er sich und
beschloß, durch ihr ferneres Benehmen bis zum
Schlusse zu erfahren, ob er an Zucht und reiner
Sitte die frühere Eugenia vor sich habe.

Er sagte darum: "Alles dies ist eine gut vor¬
getragene Geschichte; dennoch halte ich das Mädchen,
das du jetzt zu sein vorgibst, trotz seiner Sonderlichkeit
nicht für dergleichen gar zu befremdliche Abenteuer
fähig; wenigstens hätte die wahre Eugenia es gewiß
vorgezogen, eine Nonne zu werden. Denn was soll
um aller Welt willen eine Mönchskutte und das Le¬
ben unter siebenzig Mönchen für ein Verdienst und
Heil sein auch für die gelehrteste und frömmste Frau?
deshalb halte ich dich nach wie vor für einen glatten
unbärtigen Kauz von Betrüger, dem ich gar nicht
traue! Ueberdies ist jene Eugenia für göttlich und
in den Sternen wohnend erklärt worden, ihr Bild
steht im Tempel geweiht und es wird dir schlimm
genug ergehen, wenn du auf deiner lästerlichen Aus¬
sage beharrst!"

"Dies Bild hat ein gewisser Mann die vergangene
Nacht geküßt!" erwiederte Eugenia mit leiser Stimme

ſeltſamer Weiſe der beiden Hyazinthen mit keiner
Silbe erwähnte. Die Erzählung gefiel ihm nicht
übel, überhaupt wurde es ihm jede Minute ſchwerer,
ſein Wohlgefallen an der ſchönen Wiedergefundenen
zu verbergen. Aber dennoch bezwang er ſich und
beſchloß, durch ihr ferneres Benehmen bis zum
Schluſſe zu erfahren, ob er an Zucht und reiner
Sitte die frühere Eugenia vor ſich habe.

Er ſagte darum: „Alles dies iſt eine gut vor¬
getragene Geſchichte; dennoch halte ich das Mädchen,
das du jetzt zu ſein vorgibſt, trotz ſeiner Sonderlichkeit
nicht für dergleichen gar zu befremdliche Abenteuer
fähig; wenigſtens hätte die wahre Eugenia es gewiß
vorgezogen, eine Nonne zu werden. Denn was ſoll
um aller Welt willen eine Mönchskutte und das Le¬
ben unter ſiebenzig Mönchen für ein Verdienſt und
Heil ſein auch für die gelehrteſte und frömmſte Frau?
deshalb halte ich dich nach wie vor für einen glatten
unbärtigen Kauz von Betrüger, dem ich gar nicht
traue! Ueberdies iſt jene Eugenia für göttlich und
in den Sternen wohnend erklärt worden, ihr Bild
ſteht im Tempel geweiht und es wird dir ſchlimm
genug ergehen, wenn du auf deiner läſterlichen Aus¬
ſage beharrſt!“

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[23/0037] ſeltſamer Weiſe der beiden Hyazinthen mit keiner Silbe erwähnte. Die Erzählung gefiel ihm nicht übel, überhaupt wurde es ihm jede Minute ſchwerer, ſein Wohlgefallen an der ſchönen Wiedergefundenen zu verbergen. Aber dennoch bezwang er ſich und beſchloß, durch ihr ferneres Benehmen bis zum Schluſſe zu erfahren, ob er an Zucht und reiner Sitte die frühere Eugenia vor ſich habe. Er ſagte darum: „Alles dies iſt eine gut vor¬ getragene Geſchichte; dennoch halte ich das Mädchen, das du jetzt zu ſein vorgibſt, trotz ſeiner Sonderlichkeit nicht für dergleichen gar zu befremdliche Abenteuer fähig; wenigſtens hätte die wahre Eugenia es gewiß vorgezogen, eine Nonne zu werden. Denn was ſoll um aller Welt willen eine Mönchskutte und das Le¬ ben unter ſiebenzig Mönchen für ein Verdienſt und Heil ſein auch für die gelehrteſte und frömmſte Frau? deshalb halte ich dich nach wie vor für einen glatten unbärtigen Kauz von Betrüger, dem ich gar nicht traue! Ueberdies iſt jene Eugenia für göttlich und in den Sternen wohnend erklärt worden, ihr Bild ſteht im Tempel geweiht und es wird dir ſchlimm genug ergehen, wenn du auf deiner läſterlichen Aus¬ ſage beharrſt!“ „Dies Bild hat ein gewiſſer Mann die vergangene Nacht geküßt!“ erwiederte Eugenia mit leiſer Stimme

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Sieben Legenden. Stuttgart, 1872, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_legenden_1872/37>, abgerufen am 25.11.2024.