Keller, Gottfried: Sieben Legenden. Stuttgart, 1872."Es hat mich durchbohrt, erwiederte sie, "und wenn Obgleich nun der Vater gewohnt war, ihr in "Alles das ist uns erspart," sagte Jole, "denn wenn "Und wenn er alsdann, den ich gar nicht kenne, ein „Es hat mich durchbohrt, erwiederte ſie, „und wenn Obgleich nun der Vater gewohnt war, ihr in „Alles das iſt uns erſpart,“ ſagte Jole, „denn wenn „Und wenn er alsdann, den ich gar nicht kenne, ein <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0126" n="112"/> <p>„Es hat mich durchbohrt, erwiederte ſie, „und wenn<lb/> ich nicht binnen Tag und Nacht im Beſitz des Man¬<lb/> nes bin, welchen ich liebe, ſo bin ich des Todes!“</p><lb/> <p>Obgleich nun der Vater gewohnt war, ihr in<lb/> allem zu willfahren, was ſie begehrte, ſo war ihm<lb/> dieſe Eile jetzt doch etwas zu heftig und er mahnte<lb/> die Tochter zu Ruhe und Beſonnenheit. Letztere<lb/> fehlte ihr aber keineswegs und ſie gebrauchte dieſelbe<lb/> ſo gut, daß der Alte ausrief: „So ſoll ich denn die<lb/> elendeſte aller Vaterpflichten ausüben, indem ich nach<lb/> dem Erwählten, nach dem Männchen auslaufe und<lb/> es an der Naſe zum Beſten hinführe, was ich mein<lb/> nenne, und ihn bitte, doch ja Beſitz davon zu neh¬<lb/> men? Hier iſt ein ſchmuckes Weibchen, lieber Herr,<lb/> bitte, verſchmäh es nicht? Ich möchte dir zwar lie¬<lb/> ber einige Ohrfeigen geben, aber das Töchterchen<lb/> will ſterben und ich muß höflich ſein! Alſo laß' dir's<lb/> doch in Gnaden belieben, genieße um's Himmels<lb/> willen das Paſtetchen, das ſich dir bietet! Es iſt<lb/> trefflich gebacken und ſchmilzt dir auf der Zunge!“</p><lb/> <p>„Alles das iſt uns erſpart,“ ſagte Jole, „denn wenn<lb/> du es nur erlaubſt, ſo hoffe ich ihn dazu zu bringen,<lb/> daß er von ſelbſt kommt und um mich anhält.“</p><lb/> <p>„Und wenn er alsdann, den ich gar nicht kenne, ein<lb/> Schlingel und ein Taugenichts iſt?“ „„Dann ſoll er mit<lb/> Schimpf weggejagt werden! Er iſt aber ein Heiliger!““</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [112/0126]
„Es hat mich durchbohrt, erwiederte ſie, „und wenn
ich nicht binnen Tag und Nacht im Beſitz des Man¬
nes bin, welchen ich liebe, ſo bin ich des Todes!“
Obgleich nun der Vater gewohnt war, ihr in
allem zu willfahren, was ſie begehrte, ſo war ihm
dieſe Eile jetzt doch etwas zu heftig und er mahnte
die Tochter zu Ruhe und Beſonnenheit. Letztere
fehlte ihr aber keineswegs und ſie gebrauchte dieſelbe
ſo gut, daß der Alte ausrief: „So ſoll ich denn die
elendeſte aller Vaterpflichten ausüben, indem ich nach
dem Erwählten, nach dem Männchen auslaufe und
es an der Naſe zum Beſten hinführe, was ich mein
nenne, und ihn bitte, doch ja Beſitz davon zu neh¬
men? Hier iſt ein ſchmuckes Weibchen, lieber Herr,
bitte, verſchmäh es nicht? Ich möchte dir zwar lie¬
ber einige Ohrfeigen geben, aber das Töchterchen
will ſterben und ich muß höflich ſein! Alſo laß' dir's
doch in Gnaden belieben, genieße um's Himmels
willen das Paſtetchen, das ſich dir bietet! Es iſt
trefflich gebacken und ſchmilzt dir auf der Zunge!“
„Alles das iſt uns erſpart,“ ſagte Jole, „denn wenn
du es nur erlaubſt, ſo hoffe ich ihn dazu zu bringen,
daß er von ſelbſt kommt und um mich anhält.“
„Und wenn er alsdann, den ich gar nicht kenne, ein
Schlingel und ein Taugenichts iſt?“ „„Dann ſoll er mit
Schimpf weggejagt werden! Er iſt aber ein Heiliger!““
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