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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 4. Braunschweig, 1855.

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und hatte die größte Freude daran, überall dabei
zu sein und seinen Schützling zu bevormunden.
Wie er es gewünscht, so kam es auch, als die
Bilder endlich in dem Saale hingen, wo die
Künstler und die wohlhabenden Liebhaber ab und
zu gingen. Sie sprangen ziemlich anspruchsvoll
in die Augen, hielten aber die erregte Aufmerk¬
samkeit tapfer aus; alte Bekannte wunderten sich
über das plötzliche Auftauchen des verschollenen Hein¬
rich, und drückten ihm mit Achtung und aufrichtigen
Glückwünschen die Hand; der Graf unterließ nicht,
vornehm aussehende Herren und Damen vor die Bil¬
der zu führen, so daß sich der Beifall herumsprach,
und immer ein Trüppchen elegantes Publikum davor¬
stand, kurz Heinrich konnte nun doch noch mit Ehren
und mit leichtem Sinne von dem Handwerk schei¬
den und dieser Abschied erhielt dadurch einen vol¬
leren und schwereren Gehalt. Als Heinrich end¬
lich bei den Aufsehern der Säle den Preis der
Bilder angeben wollte, drängte sich der Graf da¬
zwischen und schrieb den betreffenden Zettel selbst
auf. Aber er schrieb eine so ausgiebige Summe
hin, daß Heinrich laut auflachte und rief: "Da

und hatte die groͤßte Freude daran, uͤberall dabei
zu ſein und ſeinen Schuͤtzling zu bevormunden.
Wie er es gewuͤnſcht, ſo kam es auch, als die
Bilder endlich in dem Saale hingen, wo die
Kuͤnſtler und die wohlhabenden Liebhaber ab und
zu gingen. Sie ſprangen ziemlich anſpruchsvoll
in die Augen, hielten aber die erregte Aufmerk¬
ſamkeit tapfer aus; alte Bekannte wunderten ſich
uͤber das ploͤtzliche Auftauchen des verſchollenen Hein¬
rich, und druͤckten ihm mit Achtung und aufrichtigen
Gluͤckwuͤnſchen die Hand; der Graf unterließ nicht,
vornehm ausſehende Herren und Damen vor die Bil¬
der zu fuͤhren, ſo daß ſich der Beifall herumſprach,
und immer ein Truͤppchen elegantes Publikum davor¬
ſtand, kurz Heinrich konnte nun doch noch mit Ehren
und mit leichtem Sinne von dem Handwerk ſchei¬
den und dieſer Abſchied erhielt dadurch einen vol¬
leren und ſchwereren Gehalt. Als Heinrich end¬
lich bei den Aufſehern der Saͤle den Preis der
Bilder angeben wollte, draͤngte ſich der Graf da¬
zwiſchen und ſchrieb den betreffenden Zettel ſelbſt
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[438/0448] und hatte die groͤßte Freude daran, uͤberall dabei zu ſein und ſeinen Schuͤtzling zu bevormunden. Wie er es gewuͤnſcht, ſo kam es auch, als die Bilder endlich in dem Saale hingen, wo die Kuͤnſtler und die wohlhabenden Liebhaber ab und zu gingen. Sie ſprangen ziemlich anſpruchsvoll in die Augen, hielten aber die erregte Aufmerk¬ ſamkeit tapfer aus; alte Bekannte wunderten ſich uͤber das ploͤtzliche Auftauchen des verſchollenen Hein¬ rich, und druͤckten ihm mit Achtung und aufrichtigen Gluͤckwuͤnſchen die Hand; der Graf unterließ nicht, vornehm ausſehende Herren und Damen vor die Bil¬ der zu fuͤhren, ſo daß ſich der Beifall herumſprach, und immer ein Truͤppchen elegantes Publikum davor¬ ſtand, kurz Heinrich konnte nun doch noch mit Ehren und mit leichtem Sinne von dem Handwerk ſchei¬ den und dieſer Abſchied erhielt dadurch einen vol¬ leren und ſchwereren Gehalt. Als Heinrich end¬ lich bei den Aufſehern der Saͤle den Preis der Bilder angeben wollte, draͤngte ſich der Graf da¬ zwiſchen und ſchrieb den betreffenden Zettel ſelbſt auf. Aber er ſchrieb eine ſo ausgiebige Summe hin, daß Heinrich laut auflachte und rief: »Da

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 4. Braunschweig, 1855, S. 438. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich04_1855/448>, abgerufen am 28.11.2024.