Bonbon von mir!" sagte sie, "suchen Sie sich ein recht gutes aus!"
Heinrich suchte unbefangen einige Sekunden lang und nahm doch das erste beste, was ihm in die Hände kam, da er es vorzog, die Spende¬ rin inzwischen anzusehen, da dies auch ein letztes Bonbon war. Als er das Ergriffene aufmachte und den Zettel las, erröthete er und vermochte nicht denselben laut zu lesen, denn es stand dar¬ auf:
Hoffnung hintergehet zwar, Aber nur, was wankelmüthig; Hoffnung zeigt sich immerdar Treugesinnten Herzen gütig; Hoffnung senket ihren Grund In das Herz, nicht in den Mund!
Der Pfarrer nahm das Papier und las das Gedicht. "Allerliebst!" rief er, "sehr hübsch! Sie haben eine allerliebste Devise zum Abschied be¬ kommen. Lassen Sie sehen, Fräulein Dortchen! was ich zum Dableiben erhalten werde!" Er griff begierig nach dem Körbchen, denn es juckte ihn auf der Zunge, etwas Süßes darauf zu legen. Dortchen zog aber das Körbchen weg und sagte:
28 *
Bonbon von mir!« ſagte ſie, »ſuchen Sie ſich ein recht gutes aus!«
Heinrich ſuchte unbefangen einige Sekunden lang und nahm doch das erſte beſte, was ihm in die Haͤnde kam, da er es vorzog, die Spende¬ rin inzwiſchen anzuſehen, da dies auch ein letztes Bonbon war. Als er das Ergriffene aufmachte und den Zettel las, erroͤthete er und vermochte nicht denſelben laut zu leſen, denn es ſtand dar¬ auf:
Hoffnung hintergehet zwar, Aber nur, was wankelmuͤthig; Hoffnung zeigt ſich immerdar Treugeſinnten Herzen guͤtig; Hoffnung ſenket ihren Grund In das Herz, nicht in den Mund!
Der Pfarrer nahm das Papier und las das Gedicht. »Allerliebſt!« rief er, »ſehr huͤbſch! Sie haben eine allerliebſte Deviſe zum Abſchied be¬ kommen. Laſſen Sie ſehen, Fraͤulein Dortchen! was ich zum Dableiben erhalten werde!« Er griff begierig nach dem Koͤrbchen, denn es juckte ihn auf der Zunge, etwas Suͤßes darauf zu legen. Dortchen zog aber das Koͤrbchen weg und ſagte:
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Bonbon von mir!« ſagte ſie, »ſuchen Sie ſich ein
recht gutes aus!«
Heinrich ſuchte unbefangen einige Sekunden
lang und nahm doch das erſte beſte, was ihm
in die Haͤnde kam, da er es vorzog, die Spende¬
rin inzwiſchen anzuſehen, da dies auch ein letztes
Bonbon war. Als er das Ergriffene aufmachte
und den Zettel las, erroͤthete er und vermochte
nicht denſelben laut zu leſen, denn es ſtand dar¬
auf:
Hoffnung hintergehet zwar,
Aber nur, was wankelmuͤthig;
Hoffnung zeigt ſich immerdar
Treugeſinnten Herzen guͤtig;
Hoffnung ſenket ihren Grund
In das Herz, nicht in den Mund!
Der Pfarrer nahm das Papier und las das
Gedicht. »Allerliebſt!« rief er, »ſehr huͤbſch! Sie
haben eine allerliebſte Deviſe zum Abſchied be¬
kommen. Laſſen Sie ſehen, Fraͤulein Dortchen!
was ich zum Dableiben erhalten werde!« Er
griff begierig nach dem Koͤrbchen, denn es juckte
ihn auf der Zunge, etwas Suͤßes darauf zu legen.
Dortchen zog aber das Koͤrbchen weg und ſagte:
28 *
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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 4. Braunschweig, 1855, S. 435. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich04_1855/445>, abgerufen am 28.11.2024.
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