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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 4. Braunschweig, 1855.

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laubte, die Gräber nachzusehen, welche ordentlich
unter ihrer Obhut zu stehen schienen.

"Ich habe," sagte der Graf, "jetzt Alles über¬
dacht, was wir thun wollen Ich habe in der
Hauptstadt einige Geschäfte und muß diesen
Herbst noch hinreisen. So wollen wir gleich
morgen zusammen hingehen; Sie versehen sich
da mit allem Nöthigen, vorzüglich aber mit eini¬
gem Handwerkszeuge, soviel sie zur Vollen¬
dung eines oder zweier ansehnlichen Bilder be¬
dürfen, und dann kehren wir hieher zurück; denn
ich möchte Sie durchaus nicht mehr in der Stadt
wissen und Sie müssen sich vollkommen wohl be¬
finden auf einige Zeit, dies legt eigentlich den
besten Grund zu einem guten Wesen; denn die
Welt ist nicht auf Grämlichkeit und Unzufrieden¬
heit, sondern auf das Gegentheil gegründet. Hier
machen Sie mit leichtem Muth eine gute Arbeit,
Sie werden es thun, ich weiß es; obgleich ich eigent¬
lich kein Kunstschmecker und Kenner von Pro¬
fession bin und nur für weniges Gutes, was in
seiner ganzen Art mich anspricht, mich zuweilen
interessire, so weiß ich dennoch, daß es in Ihrem

laubte, die Graͤber nachzuſehen, welche ordentlich
unter ihrer Obhut zu ſtehen ſchienen.

»Ich habe,« ſagte der Graf, »jetzt Alles uͤber¬
dacht, was wir thun wollen Ich habe in der
Hauptſtadt einige Geſchaͤfte und muß dieſen
Herbſt noch hinreiſen. So wollen wir gleich
morgen zuſammen hingehen; Sie verſehen ſich
da mit allem Noͤthigen, vorzuͤglich aber mit eini¬
gem Handwerkszeuge, ſoviel ſie zur Vollen¬
dung eines oder zweier anſehnlichen Bilder be¬
duͤrfen, und dann kehren wir hieher zuruͤck; denn
ich moͤchte Sie durchaus nicht mehr in der Stadt
wiſſen und Sie muͤſſen ſich vollkommen wohl be¬
finden auf einige Zeit, dies legt eigentlich den
beſten Grund zu einem guten Weſen; denn die
Welt iſt nicht auf Graͤmlichkeit und Unzufrieden¬
heit, ſondern auf das Gegentheil gegruͤndet. Hier
machen Sie mit leichtem Muth eine gute Arbeit,
Sie werden es thun, ich weiß es; obgleich ich eigent¬
lich kein Kunſtſchmecker und Kenner von Pro¬
feſſion bin und nur fuͤr weniges Gutes, was in
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[362/0372] laubte, die Graͤber nachzuſehen, welche ordentlich unter ihrer Obhut zu ſtehen ſchienen. »Ich habe,« ſagte der Graf, »jetzt Alles uͤber¬ dacht, was wir thun wollen Ich habe in der Hauptſtadt einige Geſchaͤfte und muß dieſen Herbſt noch hinreiſen. So wollen wir gleich morgen zuſammen hingehen; Sie verſehen ſich da mit allem Noͤthigen, vorzuͤglich aber mit eini¬ gem Handwerkszeuge, ſoviel ſie zur Vollen¬ dung eines oder zweier anſehnlichen Bilder be¬ duͤrfen, und dann kehren wir hieher zuruͤck; denn ich moͤchte Sie durchaus nicht mehr in der Stadt wiſſen und Sie muͤſſen ſich vollkommen wohl be¬ finden auf einige Zeit, dies legt eigentlich den beſten Grund zu einem guten Weſen; denn die Welt iſt nicht auf Graͤmlichkeit und Unzufrieden¬ heit, ſondern auf das Gegentheil gegruͤndet. Hier machen Sie mit leichtem Muth eine gute Arbeit, Sie werden es thun, ich weiß es; obgleich ich eigent¬ lich kein Kunſtſchmecker und Kenner von Pro¬ feſſion bin und nur fuͤr weniges Gutes, was in ſeiner ganzen Art mich anſpricht, mich zuweilen intereſſire, ſo weiß ich dennoch, daß es in Ihrem

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 4. Braunschweig, 1855, S. 362. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich04_1855/372>, abgerufen am 24.11.2024.