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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 4. Braunschweig, 1855.

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zu nehmen; davon ziehen Sie dann achtzigmal
den Thaler ab, den Sie dem Alten für jedes Stück
gegeben, so wird die Affaire so ziemlich ehrbar
und für beide Theile leidlich ausfallen!"

"Sehen Sie wohl!" sagte der Graf und gab
ihm lachend die Hand, "so gefallen Sie mir! Hät¬
ten Sie zu wenig oder zu viel verlangt, so wür¬
den Sie mir in beiden Fällen nicht so gefallen
haben! Auch den Abzug des Thalers nehme ich
an, und habe absichtlich gleich Geld mitgebracht;
hier ist es, damit Sie mit einem guten Pfennig
in der Tasche, als Gast und nicht als Bettler an
unseren Mittagstisch kommen, wohin wir jetzt
gehen wollen!"

Heinrich steckte die Papiere in die Brusttasche
und einiges Silbergeld, welches die betreffende
Summe vervollständigte, in die Westentasche, denn
eine Börse besaß er nicht, und indem er an des
Grafen Arm nach dem Familienzimmer ging, sagte
er: "Wenn ehemals ein abenteuernder Held in
einer befreundeten Burg einkehrte und sich erholte,
so reichte man ihm ein neues Schwert, wenn das
seinige im Kampfe mit den Riesen und Unge¬

zu nehmen; davon ziehen Sie dann achtzigmal
den Thaler ab, den Sie dem Alten fuͤr jedes Stuͤck
gegeben, ſo wird die Affaire ſo ziemlich ehrbar
und fuͤr beide Theile leidlich ausfallen!«

»Sehen Sie wohl!« ſagte der Graf und gab
ihm lachend die Hand, »ſo gefallen Sie mir! Haͤt¬
ten Sie zu wenig oder zu viel verlangt, ſo wuͤr¬
den Sie mir in beiden Faͤllen nicht ſo gefallen
haben! Auch den Abzug des Thalers nehme ich
an, und habe abſichtlich gleich Geld mitgebracht;
hier iſt es, damit Sie mit einem guten Pfennig
in der Taſche, als Gaſt und nicht als Bettler an
unſeren Mittagstiſch kommen, wohin wir jetzt
gehen wollen!«

Heinrich ſteckte die Papiere in die Bruſttaſche
und einiges Silbergeld, welches die betreffende
Summe vervollſtaͤndigte, in die Weſtentaſche, denn
eine Boͤrſe beſaß er nicht, und indem er an des
Grafen Arm nach dem Familienzimmer ging, ſagte
er: »Wenn ehemals ein abenteuernder Held in
einer befreundeten Burg einkehrte und ſich erholte,
ſo reichte man ihm ein neues Schwert, wenn das
ſeinige im Kampfe mit den Rieſen und Unge¬

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[338/0348] zu nehmen; davon ziehen Sie dann achtzigmal den Thaler ab, den Sie dem Alten fuͤr jedes Stuͤck gegeben, ſo wird die Affaire ſo ziemlich ehrbar und fuͤr beide Theile leidlich ausfallen!« »Sehen Sie wohl!« ſagte der Graf und gab ihm lachend die Hand, »ſo gefallen Sie mir! Haͤt¬ ten Sie zu wenig oder zu viel verlangt, ſo wuͤr¬ den Sie mir in beiden Faͤllen nicht ſo gefallen haben! Auch den Abzug des Thalers nehme ich an, und habe abſichtlich gleich Geld mitgebracht; hier iſt es, damit Sie mit einem guten Pfennig in der Taſche, als Gaſt und nicht als Bettler an unſeren Mittagstiſch kommen, wohin wir jetzt gehen wollen!« Heinrich ſteckte die Papiere in die Bruſttaſche und einiges Silbergeld, welches die betreffende Summe vervollſtaͤndigte, in die Weſtentaſche, denn eine Boͤrſe beſaß er nicht, und indem er an des Grafen Arm nach dem Familienzimmer ging, ſagte er: »Wenn ehemals ein abenteuernder Held in einer befreundeten Burg einkehrte und ſich erholte, ſo reichte man ihm ein neues Schwert, wenn das ſeinige im Kampfe mit den Rieſen und Unge¬

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 4. Braunschweig, 1855, S. 338. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich04_1855/348>, abgerufen am 25.11.2024.