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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 4. Braunschweig, 1855.

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lönchens Vater! Komm, zeig' ihm den Weg,
mein Mädchen!"

Er ging nach der Anweisung der Frauenzim¬
mer durch einen Gang und trat in die Gärtner¬
stube, wo der alte Gärtner und der Küster bei¬
sammen saßen und eifrig Tabak rauchten. Als
er da abgegeben war, zog sich das Fräulein zu¬
rück und das Apollönchen huschte hinter ihr drein
ebenfalls auf und davon.

"Kommen Sie nur, Herr oder wer Sie sind!"
sagte der Gärtner treuherzig, als er sah, daß Hein¬
rich verblüfft dastand, "hier geht es nicht anders
zu. Der Herr und das junge Fräulein stellen
immer solche Geschichten auf, das sind wir schon
gewohnt, und es hat noch nie ein schlimmes Ende
genommen, sondern sich immer als richtig und
erbaulich herausgestellt! Treten Sie nur in diese
Kammer, wenn's beliebt, da hat die gute Dame
einen ganzen Kram herschleppen lassen aus des
Grafen Garderobe, und selbst mit getragen!"

Heinrich ging demzufolge in die Kammer und
fand da einen vollständigen Anzug vor vom Kopf
bis zum Fuß, nebst feiner frischer Leibwäsche; nichts

IV. 21

loͤnchens Vater! Komm, zeig' ihm den Weg,
mein Maͤdchen!«

Er ging nach der Anweiſung der Frauenzim¬
mer durch einen Gang und trat in die Gaͤrtner¬
ſtube, wo der alte Gaͤrtner und der Kuͤſter bei¬
ſammen ſaßen und eifrig Tabak rauchten. Als
er da abgegeben war, zog ſich das Fraͤulein zu¬
ruͤck und das Apolloͤnchen huſchte hinter ihr drein
ebenfalls auf und davon.

»Kommen Sie nur, Herr oder wer Sie ſind!«
ſagte der Gaͤrtner treuherzig, als er ſah, daß Hein¬
rich verbluͤfft daſtand, »hier geht es nicht anders
zu. Der Herr und das junge Fraͤulein ſtellen
immer ſolche Geſchichten auf, das ſind wir ſchon
gewohnt, und es hat noch nie ein ſchlimmes Ende
genommen, ſondern ſich immer als richtig und
erbaulich herausgeſtellt! Treten Sie nur in dieſe
Kammer, wenn's beliebt, da hat die gute Dame
einen ganzen Kram herſchleppen laſſen aus des
Grafen Garderobe, und ſelbſt mit getragen!«

Heinrich ging demzufolge in die Kammer und
fand da einen vollſtaͤndigen Anzug vor vom Kopf
bis zum Fuß, nebſt feiner friſcher Leibwaͤſche; nichts

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[321/0331] loͤnchens Vater! Komm, zeig' ihm den Weg, mein Maͤdchen!« Er ging nach der Anweiſung der Frauenzim¬ mer durch einen Gang und trat in die Gaͤrtner¬ ſtube, wo der alte Gaͤrtner und der Kuͤſter bei¬ ſammen ſaßen und eifrig Tabak rauchten. Als er da abgegeben war, zog ſich das Fraͤulein zu¬ ruͤck und das Apolloͤnchen huſchte hinter ihr drein ebenfalls auf und davon. »Kommen Sie nur, Herr oder wer Sie ſind!« ſagte der Gaͤrtner treuherzig, als er ſah, daß Hein¬ rich verbluͤfft daſtand, »hier geht es nicht anders zu. Der Herr und das junge Fraͤulein ſtellen immer ſolche Geſchichten auf, das ſind wir ſchon gewohnt, und es hat noch nie ein ſchlimmes Ende genommen, ſondern ſich immer als richtig und erbaulich herausgeſtellt! Treten Sie nur in dieſe Kammer, wenn's beliebt, da hat die gute Dame einen ganzen Kram herſchleppen laſſen aus des Grafen Garderobe, und ſelbſt mit getragen!« Heinrich ging demzufolge in die Kammer und fand da einen vollſtaͤndigen Anzug vor vom Kopf bis zum Fuß, nebſt feiner friſcher Leibwaͤſche; nichts IV. 21

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 4. Braunschweig, 1855, S. 321. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich04_1855/331>, abgerufen am 25.11.2024.