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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 4. Braunschweig, 1855.

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ßes Glas voll aus und sah nun dem Treiben
der Frauenzimmer zu. Die Gärtnerstochter stand
bei der Herrntochter, welche am Tische saß, und
indem sie kurzweilig und vertraulich plauderten,
half jene dieser in ihrer Hantirung und reichte
ihr was sie bedurfte. Der große Tisch war ganz
mit Gegenständen bedeckt, worunter vorzüglich
allerlei Gefäße und Gläser hervorragten, welche
sämmtlich mit Blumen angefüllt waren, die im
Wasser standen. Meistens waren es Spätrosen
und die Sträuße, große und kleine, befanden sich
im verschiedensten Zustande, so daß man sah, daß
es die Ergebnisse vieler Tage waren und auch
der älteste Strauß noch mit Liebe erhalten und
gepflegt wurde, so hinfällig er auch aussah. Da
Heinrich sah, daß die heutigen Blumen vom
Kirchhofe sogleich in ein Glas gestellt worden,
so vermuthete er, daß alle Blumen von den Grä¬
bern herrührten, und dachte sich, die Schöne
müsse eine liebevolle Freundin und Pflegerin der
Todten sein, was ihr um so mehr Reiz verlieh,
als sie eine Gräfin und die draußen Liegenden
sämmtlich Bauern und Unterthanen waren.

ßes Glas voll aus und ſah nun dem Treiben
der Frauenzimmer zu. Die Gaͤrtnerstochter ſtand
bei der Herrntochter, welche am Tiſche ſaß, und
indem ſie kurzweilig und vertraulich plauderten,
half jene dieſer in ihrer Hantirung und reichte
ihr was ſie bedurfte. Der große Tiſch war ganz
mit Gegenſtaͤnden bedeckt, worunter vorzuͤglich
allerlei Gefaͤße und Glaͤſer hervorragten, welche
ſaͤmmtlich mit Blumen angefuͤllt waren, die im
Waſſer ſtanden. Meiſtens waren es Spaͤtroſen
und die Straͤuße, große und kleine, befanden ſich
im verſchiedenſten Zuſtande, ſo daß man ſah, daß
es die Ergebniſſe vieler Tage waren und auch
der aͤlteſte Strauß noch mit Liebe erhalten und
gepflegt wurde, ſo hinfaͤllig er auch ausſah. Da
Heinrich ſah, daß die heutigen Blumen vom
Kirchhofe ſogleich in ein Glas geſtellt worden,
ſo vermuthete er, daß alle Blumen von den Graͤ¬
bern herruͤhrten, und dachte ſich, die Schoͤne
muͤſſe eine liebevolle Freundin und Pflegerin der
Todten ſein, was ihr um ſo mehr Reiz verlieh,
als ſie eine Graͤfin und die draußen Liegenden
ſaͤmmtlich Bauern und Unterthanen waren.

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[311/0321] ßes Glas voll aus und ſah nun dem Treiben der Frauenzimmer zu. Die Gaͤrtnerstochter ſtand bei der Herrntochter, welche am Tiſche ſaß, und indem ſie kurzweilig und vertraulich plauderten, half jene dieſer in ihrer Hantirung und reichte ihr was ſie bedurfte. Der große Tiſch war ganz mit Gegenſtaͤnden bedeckt, worunter vorzuͤglich allerlei Gefaͤße und Glaͤſer hervorragten, welche ſaͤmmtlich mit Blumen angefuͤllt waren, die im Waſſer ſtanden. Meiſtens waren es Spaͤtroſen und die Straͤuße, große und kleine, befanden ſich im verſchiedenſten Zuſtande, ſo daß man ſah, daß es die Ergebniſſe vieler Tage waren und auch der aͤlteſte Strauß noch mit Liebe erhalten und gepflegt wurde, ſo hinfaͤllig er auch ausſah. Da Heinrich ſah, daß die heutigen Blumen vom Kirchhofe ſogleich in ein Glas geſtellt worden, ſo vermuthete er, daß alle Blumen von den Graͤ¬ bern herruͤhrten, und dachte ſich, die Schoͤne muͤſſe eine liebevolle Freundin und Pflegerin der Todten ſein, was ihr um ſo mehr Reiz verlieh, als ſie eine Graͤfin und die draußen Liegenden ſaͤmmtlich Bauern und Unterthanen waren.

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 4. Braunschweig, 1855, S. 311. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich04_1855/321>, abgerufen am 22.11.2024.