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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 4. Braunschweig, 1855.

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durch die Gunst eines Versehens. Sie hieß also
Dorothea und die Gärtnerstochter nannte sie auch
soeben mit diesem Namen, während sie selbst
Apollönchen genannt wurde. Die beiden Mädchen
hatten sich an einen großen viereckigen Tisch zu¬
rückgezogen, der in der Mitte des Saales stand,
und sprachen dort mit halblauter Stimme mit ein¬
ander, als ob sonst Niemand zugegen wäre; denn
es schien deutlich, daß Dorothea einstweilen das
Ihrige gethan glaubte und sich einer gemessenen
Zurückhaltung ergab; aber in derselben war sie
unbefangen und anmuthig, daß Heinrich nur in
um so größere Verlegenheit gerieth, und er, der
eben noch kaum seine Glieder zusammenhalten
konnte, alsogleich von der Opposition besessen
ward, in welche ein unverdorbener junger Mensch
solchen Erscheinungen gegenüber geräth, als müßte
er sich seiner Haut wehren, wo Niemand denkt, ihn
in Unruhe zu versetzen. Doch ließ er sich nichts
ansehen, und da der Wein inzwischen gekommen
war und Apollönchen ihm eingeschenkt hatte,
wobei sie ihn im Fluge und mit kritischen Aeuge¬
lein musterte, trank er binnen kurzem ein gro¬

durch die Gunſt eines Verſehens. Sie hieß alſo
Dorothea und die Gaͤrtnerstochter nannte ſie auch
ſoeben mit dieſem Namen, waͤhrend ſie ſelbſt
Apolloͤnchen genannt wurde. Die beiden Maͤdchen
hatten ſich an einen großen viereckigen Tiſch zu¬
ruͤckgezogen, der in der Mitte des Saales ſtand,
und ſprachen dort mit halblauter Stimme mit ein¬
ander, als ob ſonſt Niemand zugegen waͤre; denn
es ſchien deutlich, daß Dorothea einſtweilen das
Ihrige gethan glaubte und ſich einer gemeſſenen
Zuruͤckhaltung ergab; aber in derſelben war ſie
unbefangen und anmuthig, daß Heinrich nur in
um ſo groͤßere Verlegenheit gerieth, und er, der
eben noch kaum ſeine Glieder zuſammenhalten
konnte, alſogleich von der Oppoſition beſeſſen
ward, in welche ein unverdorbener junger Menſch
ſolchen Erſcheinungen gegenuͤber geraͤth, als muͤßte
er ſich ſeiner Haut wehren, wo Niemand denkt, ihn
in Unruhe zu verſetzen. Doch ließ er ſich nichts
anſehen, und da der Wein inzwiſchen gekommen
war und Apolloͤnchen ihm eingeſchenkt hatte,
wobei ſie ihn im Fluge und mit kritiſchen Aeuge¬
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[310/0320] durch die Gunſt eines Verſehens. Sie hieß alſo Dorothea und die Gaͤrtnerstochter nannte ſie auch ſoeben mit dieſem Namen, waͤhrend ſie ſelbſt Apolloͤnchen genannt wurde. Die beiden Maͤdchen hatten ſich an einen großen viereckigen Tiſch zu¬ ruͤckgezogen, der in der Mitte des Saales ſtand, und ſprachen dort mit halblauter Stimme mit ein¬ ander, als ob ſonſt Niemand zugegen waͤre; denn es ſchien deutlich, daß Dorothea einſtweilen das Ihrige gethan glaubte und ſich einer gemeſſenen Zuruͤckhaltung ergab; aber in derſelben war ſie unbefangen und anmuthig, daß Heinrich nur in um ſo groͤßere Verlegenheit gerieth, und er, der eben noch kaum ſeine Glieder zuſammenhalten konnte, alſogleich von der Oppoſition beſeſſen ward, in welche ein unverdorbener junger Menſch ſolchen Erſcheinungen gegenuͤber geraͤth, als muͤßte er ſich ſeiner Haut wehren, wo Niemand denkt, ihn in Unruhe zu verſetzen. Doch ließ er ſich nichts anſehen, und da der Wein inzwiſchen gekommen war und Apolloͤnchen ihm eingeſchenkt hatte, wobei ſie ihn im Fluge und mit kritiſchen Aeuge¬ lein muſterte, trank er binnen kurzem ein gro¬

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 4. Braunschweig, 1855, S. 310. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich04_1855/320>, abgerufen am 25.11.2024.