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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 4. Braunschweig, 1855.

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men Verfügung über die Meinung und Gemüths¬
ruhe Anderer besteht, ein Riß und eine Abirrung
vom eigenen Wesen, so ist hingegen die unschul¬
dige Eitelkeit, welche in einer gutartigen Verzie¬
rung des eigenen Wesens und in der Freude an
demselben besteht, eine wahrhafte Ergänzung des¬
selben, so zu sagen das goldene Hausmittelchen
der Menschlichkeit und das beste Gegengift für
jene bösartige weltliche Eitelkeit. Aber die gute
und schöne Eitelkeit, als die zierliche Vervoll¬
kommnung oder Ausrundung unseres Wesens, in¬
dem sie alle Keimchen zum Blühen bringt, die
uns brauchbar und annehmlich machen für die
äußere Welt, ist zugleich der beste und feinste
Richter und Regulator ihrer selbst und treibt uns
an, das Gute und Wahre, was wir auch sonst
vorbringen würden, ohne häßliche Manier, ohne
Aufgeblasenheit und Schnörkelei zu vertreten, und
so veredelt sie sich von selbst zum guten Geschmack,
welcher seinerseits wieder nichts anderes als die
Gesundheit und das Vernünftige selbst ist."

Indem Heinrich dergestalt vor sich hin pre¬
digte, lenkte er endlich seine Gedanken auf sich

men Verfuͤgung uͤber die Meinung und Gemuͤths¬
ruhe Anderer beſteht, ein Riß und eine Abirrung
vom eigenen Weſen, ſo iſt hingegen die unſchul¬
dige Eitelkeit, welche in einer gutartigen Verzie¬
rung des eigenen Weſens und in der Freude an
demſelben beſteht, eine wahrhafte Ergaͤnzung des¬
ſelben, ſo zu ſagen das goldene Hausmittelchen
der Menſchlichkeit und das beſte Gegengift fuͤr
jene boͤsartige weltliche Eitelkeit. Aber die gute
und ſchoͤne Eitelkeit, als die zierliche Vervoll¬
kommnung oder Ausrundung unſeres Weſens, in¬
dem ſie alle Keimchen zum Bluͤhen bringt, die
uns brauchbar und annehmlich machen fuͤr die
aͤußere Welt, iſt zugleich der beſte und feinſte
Richter und Regulator ihrer ſelbſt und treibt uns
an, das Gute und Wahre, was wir auch ſonſt
vorbringen wuͤrden, ohne haͤßliche Manier, ohne
Aufgeblaſenheit und Schnoͤrkelei zu vertreten, und
ſo veredelt ſie ſich von ſelbſt zum guten Geſchmack,
welcher ſeinerſeits wieder nichts anderes als die
Geſundheit und das Vernuͤnftige ſelbſt iſt.«

Indem Heinrich dergeſtalt vor ſich hin pre¬
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[287/0297] men Verfuͤgung uͤber die Meinung und Gemuͤths¬ ruhe Anderer beſteht, ein Riß und eine Abirrung vom eigenen Weſen, ſo iſt hingegen die unſchul¬ dige Eitelkeit, welche in einer gutartigen Verzie¬ rung des eigenen Weſens und in der Freude an demſelben beſteht, eine wahrhafte Ergaͤnzung des¬ ſelben, ſo zu ſagen das goldene Hausmittelchen der Menſchlichkeit und das beſte Gegengift fuͤr jene boͤsartige weltliche Eitelkeit. Aber die gute und ſchoͤne Eitelkeit, als die zierliche Vervoll¬ kommnung oder Ausrundung unſeres Weſens, in¬ dem ſie alle Keimchen zum Bluͤhen bringt, die uns brauchbar und annehmlich machen fuͤr die aͤußere Welt, iſt zugleich der beſte und feinſte Richter und Regulator ihrer ſelbſt und treibt uns an, das Gute und Wahre, was wir auch ſonſt vorbringen wuͤrden, ohne haͤßliche Manier, ohne Aufgeblaſenheit und Schnoͤrkelei zu vertreten, und ſo veredelt ſie ſich von ſelbſt zum guten Geſchmack, welcher ſeinerſeits wieder nichts anderes als die Geſundheit und das Vernuͤnftige ſelbſt iſt.« Indem Heinrich dergeſtalt vor ſich hin pre¬ digte, lenkte er endlich ſeine Gedanken auf ſich

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 4. Braunschweig, 1855, S. 287. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich04_1855/297>, abgerufen am 25.11.2024.