"So?" sagte Heinrich, "also ist das Geheim¬ niß und die Lösung dieser ganzen Identitätsherr¬ lichkeit doch nur das Gold, und zwar das ge¬ münzte? Denn sonst würden sie Dich ja auch be¬ tasten, da Du aus dem nämlichen Stoffe bist!"
"Hm," sagte das Pferd, "das kann man eigentlich nicht behaupten! Die Leute auf dieser Brücke haben vorerst ihr Augenmerk darauf ge¬ richtet, ihre Identität allerdings zu behaupten und gegen jeglichen Angriff zu vertheidigen. Nun wissen sie aber sehr wohl, daß ein kampf¬ fähiger guter Soldat wohlgenährt sein muß und ein gutes Frühstück im Magen haben muß, wenn er sich schlagen soll. Da dies aber am bequem¬ sten durch allerlei Gemünztes zu erreichen und zu sichern ist, so betrachten sie Jeden, der mit der¬ gleichen wohl versehen, als einen gerüsteten Ver¬ theidiger und Unterstützer der Identität und sehen ihn drum an. Sei dem wie ihm wolle, ich rathe Dir, Dein Capital hier noch ein wenig in Um¬ lauf zu setzen und zu vermehren. Wenn die
dicken Goldwurſt, die auf meinem Kreuz liegt.«
»So?« ſagte Heinrich, »alſo iſt das Geheim¬ niß und die Loͤſung dieſer ganzen Identitaͤtsherr¬ lichkeit doch nur das Gold, und zwar das ge¬ muͤnzte? Denn ſonſt wuͤrden ſie Dich ja auch be¬ taſten, da Du aus dem naͤmlichen Stoffe biſt!«
»Hm,« ſagte das Pferd, »das kann man eigentlich nicht behaupten! Die Leute auf dieſer Bruͤcke haben vorerſt ihr Augenmerk darauf ge¬ richtet, ihre Identitaͤt allerdings zu behaupten und gegen jeglichen Angriff zu vertheidigen. Nun wiſſen ſie aber ſehr wohl, daß ein kampf¬ faͤhiger guter Soldat wohlgenaͤhrt ſein muß und ein gutes Fruͤhſtuͤck im Magen haben muß, wenn er ſich ſchlagen ſoll. Da dies aber am bequem¬ ſten durch allerlei Gemuͤnztes zu erreichen und zu ſichern iſt, ſo betrachten ſie Jeden, der mit der¬ gleichen wohl verſehen, als einen geruͤſteten Ver¬ theidiger und Unterſtuͤtzer der Identitaͤt und ſehen ihn drum an. Sei dem wie ihm wolle, ich rathe Dir, Dein Capital hier noch ein wenig in Um¬ lauf zu ſetzen und zu vermehren. Wenn die
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[252/0262]
dicken Goldwurſt, die auf meinem Kreuz
liegt.«
»So?« ſagte Heinrich, »alſo iſt das Geheim¬
niß und die Loͤſung dieſer ganzen Identitaͤtsherr¬
lichkeit doch nur das Gold, und zwar das ge¬
muͤnzte? Denn ſonſt wuͤrden ſie Dich ja auch be¬
taſten, da Du aus dem naͤmlichen Stoffe biſt!«
»Hm,« ſagte das Pferd, »das kann man
eigentlich nicht behaupten! Die Leute auf dieſer
Bruͤcke haben vorerſt ihr Augenmerk darauf ge¬
richtet, ihre Identitaͤt allerdings zu behaupten
und gegen jeglichen Angriff zu vertheidigen.
Nun wiſſen ſie aber ſehr wohl, daß ein kampf¬
faͤhiger guter Soldat wohlgenaͤhrt ſein muß und
ein gutes Fruͤhſtuͤck im Magen haben muß, wenn
er ſich ſchlagen ſoll. Da dies aber am bequem¬
ſten durch allerlei Gemuͤnztes zu erreichen und zu
ſichern iſt, ſo betrachten ſie Jeden, der mit der¬
gleichen wohl verſehen, als einen geruͤſteten Ver¬
theidiger und Unterſtuͤtzer der Identitaͤt und ſehen
ihn drum an. Sei dem wie ihm wolle, ich rathe
Dir, Dein Capital hier noch ein wenig in Um¬
lauf zu ſetzen und zu vermehren. Wenn die
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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 4. Braunschweig, 1855, S. 252. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich04_1855/262>, abgerufen am 25.11.2024.
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