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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 4. Braunschweig, 1855.

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schädigt zu werden, daher auch die gedankenlosen
und lärmenden Gegner des Christenthums das
Kind mit dem Bade ausschütten, alles Leiden
entweder für Heuchelei und Beschränktheit oder
für Feigheit halten, und sich geberden wie eigen¬
sinnige kreischende Kinder, die keine Suppe essen
wollen.

Obgleich Heinrich das Unglück um seiner
selbstwillen ertrug als eine in's Leben getretene
sehr deutlich gestaltete Sache, die um ihrer Klar¬
heit willen zu einem Gute wurde, so verfiel er
doch täglich immer wieder der christlichen Weise,
Gott um unmittelbare Hülfe zu bitten in allen
möglichen Tonarten, und zwar nicht seinetwegen,
sondern um seiner Mutter willen, da deren Ruhe
und Wohlfahrt jetzt von seinem eigenen Befinden
abhing. Seit ihr letztes Opfer einen so plötz¬
lichen schlechten Erfolg gehabt, war es ihm nicht
möglich gewesen, ihr wieder zu schreiben, da er
ihr nichts Gutes berichten konnte und sie doch
nicht anlügen mochte. Von Woche zu Woche
eine günstigere Wendung verhoffend, verschob er
das Schreiben, bis eine so lange Zeit verstrichen

ſchaͤdigt zu werden, daher auch die gedankenloſen
und laͤrmenden Gegner des Chriſtenthums das
Kind mit dem Bade ausſchuͤtten, alles Leiden
entweder fuͤr Heuchelei und Beſchraͤnktheit oder
fuͤr Feigheit halten, und ſich geberden wie eigen¬
ſinnige kreiſchende Kinder, die keine Suppe eſſen
wollen.

Obgleich Heinrich das Ungluͤck um ſeiner
ſelbſtwillen ertrug als eine in's Leben getretene
ſehr deutlich geſtaltete Sache, die um ihrer Klar¬
heit willen zu einem Gute wurde, ſo verfiel er
doch taͤglich immer wieder der chriſtlichen Weiſe,
Gott um unmittelbare Huͤlfe zu bitten in allen
moͤglichen Tonarten, und zwar nicht ſeinetwegen,
ſondern um ſeiner Mutter willen, da deren Ruhe
und Wohlfahrt jetzt von ſeinem eigenen Befinden
abhing. Seit ihr letztes Opfer einen ſo ploͤtz¬
lichen ſchlechten Erfolg gehabt, war es ihm nicht
moͤglich geweſen, ihr wieder zu ſchreiben, da er
ihr nichts Gutes berichten konnte und ſie doch
nicht anluͤgen mochte. Von Woche zu Woche
eine guͤnſtigere Wendung verhoffend, verſchob er
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[205/0215] ſchaͤdigt zu werden, daher auch die gedankenloſen und laͤrmenden Gegner des Chriſtenthums das Kind mit dem Bade ausſchuͤtten, alles Leiden entweder fuͤr Heuchelei und Beſchraͤnktheit oder fuͤr Feigheit halten, und ſich geberden wie eigen¬ ſinnige kreiſchende Kinder, die keine Suppe eſſen wollen. Obgleich Heinrich das Ungluͤck um ſeiner ſelbſtwillen ertrug als eine in's Leben getretene ſehr deutlich geſtaltete Sache, die um ihrer Klar¬ heit willen zu einem Gute wurde, ſo verfiel er doch taͤglich immer wieder der chriſtlichen Weiſe, Gott um unmittelbare Huͤlfe zu bitten in allen moͤglichen Tonarten, und zwar nicht ſeinetwegen, ſondern um ſeiner Mutter willen, da deren Ruhe und Wohlfahrt jetzt von ſeinem eigenen Befinden abhing. Seit ihr letztes Opfer einen ſo ploͤtz¬ lichen ſchlechten Erfolg gehabt, war es ihm nicht moͤglich geweſen, ihr wieder zu ſchreiben, da er ihr nichts Gutes berichten konnte und ſie doch nicht anluͤgen mochte. Von Woche zu Woche eine guͤnſtigere Wendung verhoffend, verſchob er das Schreiben, bis eine ſo lange Zeit verſtrichen

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 4. Braunschweig, 1855, S. 205. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich04_1855/215>, abgerufen am 24.11.2024.