ab, froh, zur rechten Zeit dafür gesorgt zu haben, und zweifelte nicht, daß damit nun etwas Gründ¬ liches und Rechtes gethan sei. Der Sohn aber hatte nun Gelegenheit, die andere Seite des Schuldenmachens kennen zu lernen, welche ist die nachträgliche Bezahlung eines schon genossenen und vergangenen Stück Lebens, eine unerbittliche und kühle Ausgleichung, gleichviel ob die gelebten Tage, deren Morgen- und Abendbrot angeschrie¬ ben steht, etwas getaugt haben oder nicht. Ehe zwei Stunden verflossen, hatte Heinrich in Einem Gange die zweijährige Ersparniß der Mutter nach allen Winden hin ausgetragen und behielt gerade so viel übrig, als zu dem Mitmachen jenes Künst¬ lerfestes erforderlich war.
Ein recht vorsichtiger und gewissenhafter Mensch würde nun ohne Zweifel in Rücksicht auf diese Umstände und auf die Herkunft des kostbaren Geldes sich vom Feste zurückgezogen und doppelt sparsam gelebt haben; aber derselbe hätte sich auch recht bescheiden und ärmlich angestellt, die Größe der erhaltenen mütterlichen Gelder verschwiegen und seine Gläubiger demüthig und vorsichtig hin¬
ab, froh, zur rechten Zeit dafuͤr geſorgt zu haben, und zweifelte nicht, daß damit nun etwas Gruͤnd¬ liches und Rechtes gethan ſei. Der Sohn aber hatte nun Gelegenheit, die andere Seite des Schuldenmachens kennen zu lernen, welche iſt die nachtraͤgliche Bezahlung eines ſchon genoſſenen und vergangenen Stuͤck Lebens, eine unerbittliche und kuͤhle Ausgleichung, gleichviel ob die gelebten Tage, deren Morgen- und Abendbrot angeſchrie¬ ben ſteht, etwas getaugt haben oder nicht. Ehe zwei Stunden verfloſſen, hatte Heinrich in Einem Gange die zweijaͤhrige Erſparniß der Mutter nach allen Winden hin ausgetragen und behielt gerade ſo viel uͤbrig, als zu dem Mitmachen jenes Kuͤnſt¬ lerfeſtes erforderlich war.
Ein recht vorſichtiger und gewiſſenhafter Menſch wuͤrde nun ohne Zweifel in Ruͤckſicht auf dieſe Umſtaͤnde und auf die Herkunft des koſtbaren Geldes ſich vom Feſte zuruͤckgezogen und doppelt ſparſam gelebt haben; aber derſelbe haͤtte ſich auch recht beſcheiden und aͤrmlich angeſtellt, die Groͤße der erhaltenen muͤtterlichen Gelder verſchwiegen und ſeine Glaͤubiger demuͤthig und vorſichtig hin¬
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0152"n="142"/>
ab, froh, zur rechten Zeit dafuͤr geſorgt zu haben,<lb/>
und zweifelte nicht, daß damit nun etwas Gruͤnd¬<lb/>
liches und Rechtes gethan ſei. Der Sohn aber<lb/>
hatte nun Gelegenheit, die andere Seite des<lb/>
Schuldenmachens kennen zu lernen, welche iſt<lb/>
die nachtraͤgliche Bezahlung eines ſchon genoſſenen<lb/>
und vergangenen Stuͤck Lebens, eine unerbittliche<lb/>
und kuͤhle Ausgleichung, gleichviel ob die gelebten<lb/>
Tage, deren Morgen- und Abendbrot angeſchrie¬<lb/>
ben ſteht, etwas getaugt haben oder nicht. Ehe<lb/>
zwei Stunden verfloſſen, hatte Heinrich in Einem<lb/>
Gange die zweijaͤhrige Erſparniß der Mutter nach<lb/>
allen Winden hin ausgetragen und behielt gerade<lb/>ſo viel uͤbrig, als zu dem Mitmachen jenes Kuͤnſt¬<lb/>
lerfeſtes erforderlich war.</p><lb/><p>Ein recht vorſichtiger und gewiſſenhafter Menſch<lb/>
wuͤrde nun ohne Zweifel in Ruͤckſicht auf dieſe<lb/>
Umſtaͤnde und auf die Herkunft des koſtbaren<lb/>
Geldes ſich vom Feſte zuruͤckgezogen und doppelt<lb/>ſparſam gelebt haben; aber derſelbe haͤtte ſich auch<lb/>
recht beſcheiden und aͤrmlich angeſtellt, die Groͤße<lb/>
der erhaltenen muͤtterlichen Gelder verſchwiegen<lb/>
und ſeine Glaͤubiger demuͤthig und vorſichtig hin¬<lb/></p></div></body></text></TEI>
[142/0152]
ab, froh, zur rechten Zeit dafuͤr geſorgt zu haben,
und zweifelte nicht, daß damit nun etwas Gruͤnd¬
liches und Rechtes gethan ſei. Der Sohn aber
hatte nun Gelegenheit, die andere Seite des
Schuldenmachens kennen zu lernen, welche iſt
die nachtraͤgliche Bezahlung eines ſchon genoſſenen
und vergangenen Stuͤck Lebens, eine unerbittliche
und kuͤhle Ausgleichung, gleichviel ob die gelebten
Tage, deren Morgen- und Abendbrot angeſchrie¬
ben ſteht, etwas getaugt haben oder nicht. Ehe
zwei Stunden verfloſſen, hatte Heinrich in Einem
Gange die zweijaͤhrige Erſparniß der Mutter nach
allen Winden hin ausgetragen und behielt gerade
ſo viel uͤbrig, als zu dem Mitmachen jenes Kuͤnſt¬
lerfeſtes erforderlich war.
Ein recht vorſichtiger und gewiſſenhafter Menſch
wuͤrde nun ohne Zweifel in Ruͤckſicht auf dieſe
Umſtaͤnde und auf die Herkunft des koſtbaren
Geldes ſich vom Feſte zuruͤckgezogen und doppelt
ſparſam gelebt haben; aber derſelbe haͤtte ſich auch
recht beſcheiden und aͤrmlich angeſtellt, die Groͤße
der erhaltenen muͤtterlichen Gelder verſchwiegen
und ſeine Glaͤubiger demuͤthig und vorſichtig hin¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 4. Braunschweig, 1855, S. 142. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich04_1855/152>, abgerufen am 12.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.