graph, der Paragraph der Kindsköpfe, die nichts erfahren haben, nichts erfahren wollen und nichts sein und bleiben werden, als eben Kindsköpfe. Verhältnisse, welche durch Schulden zerstört wer¬ den, haben von Anfang an nichts getaugt, und es ist ein närrisches Wesen der Leute, daß sie wollen Leute sein und gute Freunde bleiben, ohne ihr gemüthliches Vertrauen, ihre Achtung und Liebe irgendwie auf eine wirklich "unbequeme" Weise prüfen und beweisen zu müssen. Ein kluger Mann wird daher jene kurzgeschorene Kahlmäuser- Weisheit kassiren und zu seinem Sohne sagen: "Mein Sohn! wenn Du ohne Noth und so zu sagen zu Deinem Vergnügen Schulden machst, so bist Du in meinen Augen nicht sowohl ein Leichtsinniger, als vielmehr eine niedrige Seele, die ich im Verdachte eines schmutzigen Eigennutzes habe, der Andere unter dem Deckmantel einer ge¬ müthlichen Liederlichkeit absichtlich um ihre Habe bringt. Wenn aber ein Solcher von Dir bor¬ gen will, so weise ihn ab; denn es ist besser, Du lachest über ihn, als er über Dich! Wenn Du hingegen in Verlegenheit geräthst, so borge so
graph, der Paragraph der Kindskoͤpfe, die nichts erfahren haben, nichts erfahren wollen und nichts ſein und bleiben werden, als eben Kindskoͤpfe. Verhaͤltniſſe, welche durch Schulden zerſtoͤrt wer¬ den, haben von Anfang an nichts getaugt, und es iſt ein naͤrriſches Weſen der Leute, daß ſie wollen Leute ſein und gute Freunde bleiben, ohne ihr gemuͤthliches Vertrauen, ihre Achtung und Liebe irgendwie auf eine wirklich »unbequeme« Weiſe pruͤfen und beweiſen zu muͤſſen. Ein kluger Mann wird daher jene kurzgeſchorene Kahlmaͤuſer- Weisheit kaſſiren und zu ſeinem Sohne ſagen: »Mein Sohn! wenn Du ohne Noth und ſo zu ſagen zu Deinem Vergnuͤgen Schulden machſt, ſo biſt Du in meinen Augen nicht ſowohl ein Leichtſinniger, als vielmehr eine niedrige Seele, die ich im Verdachte eines ſchmutzigen Eigennutzes habe, der Andere unter dem Deckmantel einer ge¬ muͤthlichen Liederlichkeit abſichtlich um ihre Habe bringt. Wenn aber ein Solcher von Dir bor¬ gen will, ſo weiſe ihn ab; denn es iſt beſſer, Du lacheſt uͤber ihn, als er uͤber Dich! Wenn Du hingegen in Verlegenheit geraͤthſt, ſo borge ſo
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0146"n="136"/>
graph, der Paragraph der Kindskoͤpfe, die nichts<lb/>
erfahren haben, nichts erfahren wollen und nichts<lb/>ſein und bleiben werden, als eben Kindskoͤpfe.<lb/>
Verhaͤltniſſe, welche durch Schulden zerſtoͤrt wer¬<lb/>
den, haben von Anfang an nichts getaugt, und<lb/>
es iſt ein naͤrriſches Weſen der Leute, daß ſie<lb/>
wollen Leute ſein und gute Freunde bleiben, ohne<lb/>
ihr gemuͤthliches Vertrauen, ihre Achtung und<lb/>
Liebe irgendwie auf eine wirklich »unbequeme«<lb/>
Weiſe pruͤfen und beweiſen zu muͤſſen. Ein kluger<lb/>
Mann wird daher jene kurzgeſchorene Kahlmaͤuſer-<lb/>
Weisheit kaſſiren und zu ſeinem Sohne ſagen:<lb/>
»Mein Sohn! wenn Du ohne Noth und ſo zu<lb/>ſagen zu Deinem Vergnuͤgen Schulden machſt,<lb/>ſo biſt Du in meinen Augen nicht ſowohl ein<lb/>
Leichtſinniger, als vielmehr eine niedrige Seele,<lb/>
die ich im Verdachte eines ſchmutzigen Eigennutzes<lb/>
habe, der Andere unter dem Deckmantel einer ge¬<lb/>
muͤthlichen Liederlichkeit abſichtlich um ihre Habe<lb/>
bringt. Wenn aber ein Solcher von Dir bor¬<lb/>
gen will, ſo weiſe ihn ab; denn es iſt beſſer, Du<lb/>
lacheſt uͤber ihn, als er uͤber Dich! Wenn Du<lb/>
hingegen in Verlegenheit geraͤthſt, ſo borge ſo<lb/></p></div></body></text></TEI>
[136/0146]
graph, der Paragraph der Kindskoͤpfe, die nichts
erfahren haben, nichts erfahren wollen und nichts
ſein und bleiben werden, als eben Kindskoͤpfe.
Verhaͤltniſſe, welche durch Schulden zerſtoͤrt wer¬
den, haben von Anfang an nichts getaugt, und
es iſt ein naͤrriſches Weſen der Leute, daß ſie
wollen Leute ſein und gute Freunde bleiben, ohne
ihr gemuͤthliches Vertrauen, ihre Achtung und
Liebe irgendwie auf eine wirklich »unbequeme«
Weiſe pruͤfen und beweiſen zu muͤſſen. Ein kluger
Mann wird daher jene kurzgeſchorene Kahlmaͤuſer-
Weisheit kaſſiren und zu ſeinem Sohne ſagen:
»Mein Sohn! wenn Du ohne Noth und ſo zu
ſagen zu Deinem Vergnuͤgen Schulden machſt,
ſo biſt Du in meinen Augen nicht ſowohl ein
Leichtſinniger, als vielmehr eine niedrige Seele,
die ich im Verdachte eines ſchmutzigen Eigennutzes
habe, der Andere unter dem Deckmantel einer ge¬
muͤthlichen Liederlichkeit abſichtlich um ihre Habe
bringt. Wenn aber ein Solcher von Dir bor¬
gen will, ſo weiſe ihn ab; denn es iſt beſſer, Du
lacheſt uͤber ihn, als er uͤber Dich! Wenn Du
hingegen in Verlegenheit geraͤthſt, ſo borge ſo
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 4. Braunschweig, 1855, S. 136. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich04_1855/146>, abgerufen am 04.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.