er kennt gar keine solchen Mittel in seiner Eigen¬ schaft als Zweck. Hätten die Jesuiten einen ein¬ fachen, offen auszusprechenden, materiell weltli¬ chen Zweck für ihr Dasein, so würden ihre ma¬ terielle Machtverbreitung, ihre Schlauheit, ihre Politik, ihre Gewaltsamkeit und Fügsamkeit, ihre tausend Künste vielleicht große Mittel sein; so wie sie aber einen religiösen, geistlichen, überwelt¬ lichen Zweck zu haben auch nur vorgeben, so werden in einem Handumkehren alle jene An¬ strengungen zu unsäglich kleinen mißgriffenen und thörichten Mitteln, welche die ewigen Henker ih¬ res eigenen Zweckes sind. Auch arbeiten die Je¬ suiten, als moderne Sisyphusse, im Schweiße ihres Angesichtes an ihrer unausgesetzten Selbst¬ aufhebung, und wo sich die rechtmäßige Weltbe¬ wegung, die keine Ränke übt, mir im Schlafe schüttelt, müssen sie davonlaufen oder der Bewe¬ gung dienen ohne Dank. Am seltsamsten nehmen sich in solchen Katastrophen alle jene Müßiggän¬ ger aus, welche unter dem drohenden Namen von "geheimen Jesuiten" in aller Welt herumliegen und thun, als ob sie was zu thun hätten außer
er kennt gar keine ſolchen Mittel in ſeiner Eigen¬ ſchaft als Zweck. Haͤtten die Jeſuiten einen ein¬ fachen, offen auszuſprechenden, materiell weltli¬ chen Zweck fuͤr ihr Daſein, ſo wuͤrden ihre ma¬ terielle Machtverbreitung, ihre Schlauheit, ihre Politik, ihre Gewaltſamkeit und Fuͤgſamkeit, ihre tauſend Kuͤnſte vielleicht große Mittel ſein; ſo wie ſie aber einen religioͤſen, geiſtlichen, uͤberwelt¬ lichen Zweck zu haben auch nur vorgeben, ſo werden in einem Handumkehren alle jene An¬ ſtrengungen zu unſaͤglich kleinen mißgriffenen und thoͤrichten Mitteln, welche die ewigen Henker ih¬ res eigenen Zweckes ſind. Auch arbeiten die Je¬ ſuiten, als moderne Siſyphuſſe, im Schweiße ihres Angeſichtes an ihrer unausgeſetzten Selbſt¬ aufhebung, und wo ſich die rechtmaͤßige Weltbe¬ wegung, die keine Raͤnke uͤbt, mir im Schlafe ſchuͤttelt, muͤſſen ſie davonlaufen oder der Bewe¬ gung dienen ohne Dank. Am ſeltſamſten nehmen ſich in ſolchen Kataſtrophen alle jene Muͤßiggaͤn¬ ger aus, welche unter dem drohenden Namen von »geheimen Jeſuiten« in aller Welt herumliegen und thun, als ob ſie was zu thun haͤtten außer
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er kennt gar keine ſolchen Mittel in ſeiner Eigen¬
ſchaft als Zweck. Haͤtten die Jeſuiten einen ein¬
fachen, offen auszuſprechenden, materiell weltli¬
chen Zweck fuͤr ihr Daſein, ſo wuͤrden ihre ma¬
terielle Machtverbreitung, ihre Schlauheit, ihre
Politik, ihre Gewaltſamkeit und Fuͤgſamkeit, ihre
tauſend Kuͤnſte vielleicht große Mittel ſein; ſo
wie ſie aber einen religioͤſen, geiſtlichen, uͤberwelt¬
lichen Zweck zu haben auch nur vorgeben, ſo
werden in einem Handumkehren alle jene An¬
ſtrengungen zu unſaͤglich kleinen mißgriffenen und
thoͤrichten Mitteln, welche die ewigen Henker ih¬
res eigenen Zweckes ſind. Auch arbeiten die Je¬
ſuiten, als moderne Siſyphuſſe, im Schweiße
ihres Angeſichtes an ihrer unausgeſetzten Selbſt¬
aufhebung, und wo ſich die rechtmaͤßige Weltbe¬
wegung, die keine Raͤnke uͤbt, mir im Schlafe
ſchuͤttelt, muͤſſen ſie davonlaufen oder der Bewe¬
gung dienen ohne Dank. Am ſeltſamſten nehmen
ſich in ſolchen Kataſtrophen alle jene Muͤßiggaͤn¬
ger aus, welche unter dem drohenden Namen von
»geheimen Jeſuiten« in aller Welt herumliegen
und thun, als ob ſie was zu thun haͤtten außer
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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 4. Braunschweig, 1855, S. 93. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich04_1855/103>, abgerufen am 27.11.2024.
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