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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 3. Braunschweig, 1854.

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ausdehnen und abgränzen. "Da wir hier ohne
alle Mittel sind," sagte er, "außer meiner eigenen
Mappe, welche Sie mir diesen Winter hindurch in
die Ihrige hinüberpinseln würden, wenn ich es zu¬
gäbe, so ist es am Besten, wir machen es so:
Sie sind zwar noch zu jung dazu und werden
noch ein oder zwei Mal mit neuen Erfahrungen
von vorn anfangen müssen, ehe Sie etwas Dauer¬
haftes machen. Indessen wollen wir immerhin
versuchen, ein Viereck so auszufüllen, daß Sie es
im Nothfall verkaufen können!"

Mit der ersten Probe ging es ganz ordentlich;
ebenso mit der zweiten und dritten. Die frische
Lust, die Einfachheit des Gegenstandes und Rö¬
mer's sichere Erfahrung ließen die Gründe sich wie
von selbst aneinander fügen, das Licht wurde
ohne Schwierigkeit vertheilt und jede Partie in
Licht und Schatten vernünftig und klar ausge¬
füllt, so daß keine nichtssagenden und verworre¬
nen Stellen übrig blieben. Großes Vergnügen
gewährte es mir, wenn ich einen oder einige Ge¬
genstände, zu denen die vorliegenden Studien im
Licht gehalten waren, in Schatten setzen mußte

ausdehnen und abgraͤnzen. »Da wir hier ohne
alle Mittel ſind,« ſagte er, »außer meiner eigenen
Mappe, welche Sie mir dieſen Winter hindurch in
die Ihrige hinuͤberpinſeln wuͤrden, wenn ich es zu¬
gaͤbe, ſo iſt es am Beſten, wir machen es ſo:
Sie ſind zwar noch zu jung dazu und werden
noch ein oder zwei Mal mit neuen Erfahrungen
von vorn anfangen muͤſſen, ehe Sie etwas Dauer¬
haftes machen. Indeſſen wollen wir immerhin
verſuchen, ein Viereck ſo auszufuͤllen, daß Sie es
im Nothfall verkaufen koͤnnen!«

Mit der erſten Probe ging es ganz ordentlich;
ebenſo mit der zweiten und dritten. Die friſche
Luſt, die Einfachheit des Gegenſtandes und Roͤ¬
mer's ſichere Erfahrung ließen die Gruͤnde ſich wie
von ſelbſt aneinander fuͤgen, das Licht wurde
ohne Schwierigkeit vertheilt und jede Partie in
Licht und Schatten vernuͤnftig und klar ausge¬
fuͤllt, ſo daß keine nichtsſagenden und verworre¬
nen Stellen uͤbrig blieben. Großes Vergnuͤgen
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[72/0082] ausdehnen und abgraͤnzen. »Da wir hier ohne alle Mittel ſind,« ſagte er, »außer meiner eigenen Mappe, welche Sie mir dieſen Winter hindurch in die Ihrige hinuͤberpinſeln wuͤrden, wenn ich es zu¬ gaͤbe, ſo iſt es am Beſten, wir machen es ſo: Sie ſind zwar noch zu jung dazu und werden noch ein oder zwei Mal mit neuen Erfahrungen von vorn anfangen muͤſſen, ehe Sie etwas Dauer¬ haftes machen. Indeſſen wollen wir immerhin verſuchen, ein Viereck ſo auszufuͤllen, daß Sie es im Nothfall verkaufen koͤnnen!« Mit der erſten Probe ging es ganz ordentlich; ebenſo mit der zweiten und dritten. Die friſche Luſt, die Einfachheit des Gegenſtandes und Roͤ¬ mer's ſichere Erfahrung ließen die Gruͤnde ſich wie von ſelbſt aneinander fuͤgen, das Licht wurde ohne Schwierigkeit vertheilt und jede Partie in Licht und Schatten vernuͤnftig und klar ausge¬ fuͤllt, ſo daß keine nichtsſagenden und verworre¬ nen Stellen uͤbrig blieben. Großes Vergnuͤgen gewaͤhrte es mir, wenn ich einen oder einige Ge¬ genſtaͤnde, zu denen die vorliegenden Studien im Licht gehalten waren, in Schatten ſetzen mußte

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 3. Braunschweig, 1854, S. 72. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich03_1854/82>, abgerufen am 24.08.2024.