macht! Was soll denn das sein! O Herr Jesus! Haben Sie Ruß in den Augen?" so daß ich plötzlich still wurde und voll Ingrimm über ihn und mich selbst meine Arbeit mit verzweifel¬ ter Aufmerksamkeit wieder aufnahm.
So lernte ich endlich die wahre Arbeit und Mühe kennen, ohne daß mir dieselbe lästig wurde, da sie in sich selbst den Lohn der immer neuen Erholung und Verjüngung trägt, und ich sah mich in den Stand gesetzt, eine große Studie Römer's, welche schon mehr ein ganzes Bild mit den verschiedensten Bestandtheilen vorstellte, vor¬ nehmen zu dürfen und dieselbe so zu copiren, daß mein Lehrer erklärte, es sei nun genug in dieser Richtung, ich würde ihm sonst seine ganzen Mappen nachzeichnen; dieselben seien sein einziges Vermögen und er wünsche bei aller Freundschaft doch nicht, eine förmliche Doublette desselben in anderen Händen zu wissen.
Durch diese Beschäftigung war ich wunder¬ licher Weise im Süden weit mehr heimisch ge¬ worden, als in meinem Vaterlande. Da die Sachen, nach welchen ich arbeitete, alle unter
macht! Was ſoll denn das ſein! O Herr Jeſus! Haben Sie Ruß in den Augen?« ſo daß ich ploͤtzlich ſtill wurde und voll Ingrimm uͤber ihn und mich ſelbſt meine Arbeit mit verzweifel¬ ter Aufmerkſamkeit wieder aufnahm.
So lernte ich endlich die wahre Arbeit und Muͤhe kennen, ohne daß mir dieſelbe laͤſtig wurde, da ſie in ſich ſelbſt den Lohn der immer neuen Erholung und Verjuͤngung traͤgt, und ich ſah mich in den Stand geſetzt, eine große Studie Roͤmer's, welche ſchon mehr ein ganzes Bild mit den verſchiedenſten Beſtandtheilen vorſtellte, vor¬ nehmen zu duͤrfen und dieſelbe ſo zu copiren, daß mein Lehrer erklaͤrte, es ſei nun genug in dieſer Richtung, ich wuͤrde ihm ſonſt ſeine ganzen Mappen nachzeichnen; dieſelben ſeien ſein einziges Vermoͤgen und er wuͤnſche bei aller Freundſchaft doch nicht, eine foͤrmliche Doublette deſſelben in anderen Haͤnden zu wiſſen.
Durch dieſe Beſchaͤftigung war ich wunder¬ licher Weiſe im Suͤden weit mehr heimiſch ge¬ worden, als in meinem Vaterlande. Da die Sachen, nach welchen ich arbeitete, alle unter
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macht! Was ſoll denn das ſein! O Herr Jeſus!
Haben Sie Ruß in den Augen?« ſo daß
ich ploͤtzlich ſtill wurde und voll Ingrimm uͤber
ihn und mich ſelbſt meine Arbeit mit verzweifel¬
ter Aufmerkſamkeit wieder aufnahm.
So lernte ich endlich die wahre Arbeit und
Muͤhe kennen, ohne daß mir dieſelbe laͤſtig wurde,
da ſie in ſich ſelbſt den Lohn der immer neuen
Erholung und Verjuͤngung traͤgt, und ich ſah
mich in den Stand geſetzt, eine große Studie
Roͤmer's, welche ſchon mehr ein ganzes Bild mit
den verſchiedenſten Beſtandtheilen vorſtellte, vor¬
nehmen zu duͤrfen und dieſelbe ſo zu copiren,
daß mein Lehrer erklaͤrte, es ſei nun genug in
dieſer Richtung, ich wuͤrde ihm ſonſt ſeine ganzen
Mappen nachzeichnen; dieſelben ſeien ſein einziges
Vermoͤgen und er wuͤnſche bei aller Freundſchaft
doch nicht, eine foͤrmliche Doublette deſſelben in
anderen Haͤnden zu wiſſen.
Durch dieſe Beſchaͤftigung war ich wunder¬
licher Weiſe im Suͤden weit mehr heimiſch ge¬
worden, als in meinem Vaterlande. Da die
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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 3. Braunschweig, 1854, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich03_1854/42>, abgerufen am 24.11.2024.
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