Menschen doch nicht besser werde kennen, als er, so mußte ich dies annehmen und ließ mich mit wichtiger Miene belehren, wie es anzufangen wäre, sich gehörig zu stellen, ohne daß ich eigent¬ lich wußte, warum es sich handelte und worin jene Erfahrungen denn beständen.
Ich entschloß mich kurz und sagte zur Mutter, ich wolle das Gold, welches in meinem ehemals geplünderten Sparkästchen übrig geblieben, für die Sache verwenden. Hiegegen hatte sie Nichts einzuwenden und schien eher froh zu sein, diesen Mittelweg zu sehen, auf welchem ich wenigstens meine Selbstbestimmung bethätigen konnte. Ich nahm also die Schaumünze und einige Dukaten, welche dabei waren, und trug Alles zu einem Goldschmied, welcher mir acht Louisd'ors in Silber dafür bezahlte, brachte das Geld zu Römer und sagte, das sei Alles, was ich ver¬ wenden könnte und ich wünschte wenigstens vier Monate dafür seines Unterrichtes zu genießen. Zuvorkommend sagte er, das sei gar nicht so ge¬ nau zu nehmen! Da ich thue, was ich könne, wie es einen Kunstjünger gezieme, so wolle er
Menſchen doch nicht beſſer werde kennen, als er, ſo mußte ich dies annehmen und ließ mich mit wichtiger Miene belehren, wie es anzufangen waͤre, ſich gehoͤrig zu ſtellen, ohne daß ich eigent¬ lich wußte, warum es ſich handelte und worin jene Erfahrungen denn beſtaͤnden.
Ich entſchloß mich kurz und ſagte zur Mutter, ich wolle das Gold, welches in meinem ehemals gepluͤnderten Sparkaͤſtchen uͤbrig geblieben, fuͤr die Sache verwenden. Hiegegen hatte ſie Nichts einzuwenden und ſchien eher froh zu ſein, dieſen Mittelweg zu ſehen, auf welchem ich wenigſtens meine Selbſtbeſtimmung bethaͤtigen konnte. Ich nahm alſo die Schaumuͤnze und einige Dukaten, welche dabei waren, und trug Alles zu einem Goldſchmied, welcher mir acht Louisd'ors in Silber dafuͤr bezahlte, brachte das Geld zu Roͤmer und ſagte, das ſei Alles, was ich ver¬ wenden koͤnnte und ich wuͤnſchte wenigſtens vier Monate dafuͤr ſeines Unterrichtes zu genießen. Zuvorkommend ſagte er, das ſei gar nicht ſo ge¬ nau zu nehmen! Da ich thue, was ich koͤnne, wie es einen Kunſtjuͤnger gezieme, ſo wolle er
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0039"n="29"/>
Menſchen doch nicht beſſer werde kennen, als er,<lb/>ſo mußte ich dies annehmen und ließ mich mit<lb/>
wichtiger Miene belehren, wie es anzufangen<lb/>
waͤre, ſich gehoͤrig zu ſtellen, ohne daß ich eigent¬<lb/>
lich wußte, warum es ſich handelte und worin<lb/>
jene Erfahrungen denn beſtaͤnden.</p><lb/><p>Ich entſchloß mich kurz und ſagte zur Mutter,<lb/>
ich wolle das Gold, welches in meinem ehemals<lb/>
gepluͤnderten Sparkaͤſtchen uͤbrig geblieben, fuͤr<lb/>
die Sache verwenden. Hiegegen hatte ſie Nichts<lb/>
einzuwenden und ſchien eher froh zu ſein, dieſen<lb/>
Mittelweg zu ſehen, auf welchem ich wenigſtens<lb/>
meine Selbſtbeſtimmung bethaͤtigen konnte. Ich<lb/>
nahm alſo die Schaumuͤnze und einige Dukaten,<lb/>
welche dabei waren, und trug Alles zu einem<lb/>
Goldſchmied, welcher mir acht Louisd'ors in<lb/>
Silber dafuͤr bezahlte, brachte das Geld zu<lb/>
Roͤmer und ſagte, das ſei Alles, was ich ver¬<lb/>
wenden koͤnnte und ich wuͤnſchte wenigſtens vier<lb/>
Monate dafuͤr ſeines Unterrichtes zu genießen.<lb/>
Zuvorkommend ſagte er, das ſei gar nicht ſo ge¬<lb/>
nau zu nehmen! Da ich thue, was ich koͤnne,<lb/>
wie es einen Kunſtjuͤnger gezieme, ſo wolle er<lb/></p></div></body></text></TEI>
[29/0039]
Menſchen doch nicht beſſer werde kennen, als er,
ſo mußte ich dies annehmen und ließ mich mit
wichtiger Miene belehren, wie es anzufangen
waͤre, ſich gehoͤrig zu ſtellen, ohne daß ich eigent¬
lich wußte, warum es ſich handelte und worin
jene Erfahrungen denn beſtaͤnden.
Ich entſchloß mich kurz und ſagte zur Mutter,
ich wolle das Gold, welches in meinem ehemals
gepluͤnderten Sparkaͤſtchen uͤbrig geblieben, fuͤr
die Sache verwenden. Hiegegen hatte ſie Nichts
einzuwenden und ſchien eher froh zu ſein, dieſen
Mittelweg zu ſehen, auf welchem ich wenigſtens
meine Selbſtbeſtimmung bethaͤtigen konnte. Ich
nahm alſo die Schaumuͤnze und einige Dukaten,
welche dabei waren, und trug Alles zu einem
Goldſchmied, welcher mir acht Louisd'ors in
Silber dafuͤr bezahlte, brachte das Geld zu
Roͤmer und ſagte, das ſei Alles, was ich ver¬
wenden koͤnnte und ich wuͤnſchte wenigſtens vier
Monate dafuͤr ſeines Unterrichtes zu genießen.
Zuvorkommend ſagte er, das ſei gar nicht ſo ge¬
nau zu nehmen! Da ich thue, was ich koͤnne,
wie es einen Kunſtjuͤnger gezieme, ſo wolle er
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 3. Braunschweig, 1854, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich03_1854/39>, abgerufen am 18.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.