den Namen seiner Narrheit, und von den leich¬ teren und liebenswürdigeren Narrheiten schied der lustige Rath neun schwere aus und stellte mit ihnen vor dem Kaiser ein Kegelspiel auf. So standen da vor Aller Augen: Hochmuth, Neid, Vielwisserei, Grobheit, Eitelkeit, Wankelmuth in der Hoffnung, Halsstarrigkeit, thatlose Verglei¬ chungssucht und unfruchtbare Selbstbespiegelung. Mit einer ungeheuren Kugel, welche die leichteren Narren mit komisch heftigen Geberden herbei¬ wälzten, versuchte nun mancher Ritter und Bür¬ ger, nach den neun Narren zu schieben, aber nicht Einer wankte allen diesen Einzelwürfen, bis endlich der kaiserliche, tadellose Held, in welchem sich gewissermaßen das ganze deutsche Volk dar¬ stellte, sie alle mit Einem Wurfe über den Hau¬ fen warf, daß sie possierlich übereinander purzelten.
Kunz von der Rosen richtete die Gefallenen halb auf und ordnete sie zu einer plastisch-mimi¬ schen Darstellung der Niobiden-Gruppe, und von diesem Scherze ging er zur Bildung anderer berühmten Gruppen über; drei reizende, nicht völlig ausgewachsene Schüler im Narrenhabit
den Namen ſeiner Narrheit, und von den leich¬ teren und liebenswuͤrdigeren Narrheiten ſchied der luſtige Rath neun ſchwere aus und ſtellte mit ihnen vor dem Kaiſer ein Kegelſpiel auf. So ſtanden da vor Aller Augen: Hochmuth, Neid, Vielwiſſerei, Grobheit, Eitelkeit, Wankelmuth in der Hoffnung, Halsſtarrigkeit, thatloſe Verglei¬ chungsſucht und unfruchtbare Selbſtbeſpiegelung. Mit einer ungeheuren Kugel, welche die leichteren Narren mit komiſch heftigen Geberden herbei¬ waͤlzten, verſuchte nun mancher Ritter und Buͤr¬ ger, nach den neun Narren zu ſchieben, aber nicht Einer wankte allen dieſen Einzelwuͤrfen, bis endlich der kaiſerliche, tadelloſe Held, in welchem ſich gewiſſermaßen das ganze deutſche Volk dar¬ ſtellte, ſie alle mit Einem Wurfe uͤber den Hau¬ fen warf, daß ſie poſſierlich uͤbereinander purzelten.
Kunz von der Roſen richtete die Gefallenen halb auf und ordnete ſie zu einer plaſtiſch-mimi¬ ſchen Darſtellung der Niobiden-Gruppe, und von dieſem Scherze ging er zur Bildung anderer beruͤhmten Gruppen uͤber; drei reizende, nicht voͤllig ausgewachſene Schuͤler im Narrenhabit
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den Namen ſeiner Narrheit, und von den leich¬
teren und liebenswuͤrdigeren Narrheiten ſchied der
luſtige Rath neun ſchwere aus und ſtellte mit
ihnen vor dem Kaiſer ein Kegelſpiel auf. So
ſtanden da vor Aller Augen: Hochmuth, Neid,
Vielwiſſerei, Grobheit, Eitelkeit, Wankelmuth in
der Hoffnung, Halsſtarrigkeit, thatloſe Verglei¬
chungsſucht und unfruchtbare Selbſtbeſpiegelung.
Mit einer ungeheuren Kugel, welche die leichteren
Narren mit komiſch heftigen Geberden herbei¬
waͤlzten, verſuchte nun mancher Ritter und Buͤr¬
ger, nach den neun Narren zu ſchieben, aber
nicht Einer wankte allen dieſen Einzelwuͤrfen, bis
endlich der kaiſerliche, tadelloſe Held, in welchem
ſich gewiſſermaßen das ganze deutſche Volk dar¬
ſtellte, ſie alle mit Einem Wurfe uͤber den Hau¬
fen warf, daß ſie poſſierlich uͤbereinander purzelten.
Kunz von der Roſen richtete die Gefallenen
halb auf und ordnete ſie zu einer plaſtiſch-mimi¬
ſchen Darſtellung der Niobiden-Gruppe, und
von dieſem Scherze ging er zur Bildung anderer
beruͤhmten Gruppen uͤber; drei reizende, nicht
voͤllig ausgewachſene Schuͤler im Narrenhabit
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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 3. Braunschweig, 1854, S. 293. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich03_1854/303>, abgerufen am 25.11.2024.
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