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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 3. Braunschweig, 1854.

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sagte: "Ihr Eifer, mein Herr, durch baares Geld
ihr eigenes Bild wieder zu erwerben, beweist mir
den Werth, den ich erst verkannt habe. Ich
fordere nun die doppelte Summe, die Freiheit
der Frauenlaune benutzend, oder ich will das
Werk lieber behalten."

Als Erikson diese seltsame Steigerung auffiel
und er sie zu seinen Gunsten auszulegen und zu
wenden beschloß, verbeugte er sich lächelnd, strich
sein Geld wieder ein und erwiederte: "Da mein
kleines Bild eine so gute Stelle gefunden, wäre
es lieblos von mir, es derselben zu berauben!"
Die Schöne aber fuhr fort: "Und damit Sie
sehen, daß nicht Habsucht mich zu dieser Steige¬
rung antrieb, bitte ich, mir ein Seitenstück um
diesen verdoppelten Preis zu malen, so bald als
möglich, und mir jetzt gleich den Platz für beide
Bilder aussuchen zu helfen!"

Erikson spazierte wohl eine Stunde mit ihr
in den Gemächern herum, bis er den geeigneten
Platz gefunden, und als er sich verabschiedete,
grüßte sie ihn freundlich, aber kurz, und lud ihn
nicht ein, sonst wieder zu kommen.

ſagte: »Ihr Eifer, mein Herr, durch baares Geld
ihr eigenes Bild wieder zu erwerben, beweiſt mir
den Werth, den ich erſt verkannt habe. Ich
fordere nun die doppelte Summe, die Freiheit
der Frauenlaune benutzend, oder ich will das
Werk lieber behalten.«

Als Erikſon dieſe ſeltſame Steigerung auffiel
und er ſie zu ſeinen Gunſten auszulegen und zu
wenden beſchloß, verbeugte er ſich laͤchelnd, ſtrich
ſein Geld wieder ein und erwiederte: »Da mein
kleines Bild eine ſo gute Stelle gefunden, waͤre
es lieblos von mir, es derſelben zu berauben!«
Die Schoͤne aber fuhr fort: »Und damit Sie
ſehen, daß nicht Habſucht mich zu dieſer Steige¬
rung antrieb, bitte ich, mir ein Seitenſtuͤck um
dieſen verdoppelten Preis zu malen, ſo bald als
moͤglich, und mir jetzt gleich den Platz fuͤr beide
Bilder ausſuchen zu helfen!«

Erikſon ſpazierte wohl eine Stunde mit ihr
in den Gemaͤchern herum, bis er den geeigneten
Platz gefunden, und als er ſich verabſchiedete,
gruͤßte ſie ihn freundlich, aber kurz, und lud ihn
nicht ein, ſonſt wieder zu kommen.

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[231/0241] ſagte: »Ihr Eifer, mein Herr, durch baares Geld ihr eigenes Bild wieder zu erwerben, beweiſt mir den Werth, den ich erſt verkannt habe. Ich fordere nun die doppelte Summe, die Freiheit der Frauenlaune benutzend, oder ich will das Werk lieber behalten.« Als Erikſon dieſe ſeltſame Steigerung auffiel und er ſie zu ſeinen Gunſten auszulegen und zu wenden beſchloß, verbeugte er ſich laͤchelnd, ſtrich ſein Geld wieder ein und erwiederte: »Da mein kleines Bild eine ſo gute Stelle gefunden, waͤre es lieblos von mir, es derſelben zu berauben!« Die Schoͤne aber fuhr fort: »Und damit Sie ſehen, daß nicht Habſucht mich zu dieſer Steige¬ rung antrieb, bitte ich, mir ein Seitenſtuͤck um dieſen verdoppelten Preis zu malen, ſo bald als moͤglich, und mir jetzt gleich den Platz fuͤr beide Bilder ausſuchen zu helfen!« Erikſon ſpazierte wohl eine Stunde mit ihr in den Gemaͤchern herum, bis er den geeigneten Platz gefunden, und als er ſich verabſchiedete, gruͤßte ſie ihn freundlich, aber kurz, und lud ihn nicht ein, ſonſt wieder zu kommen.

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 3. Braunschweig, 1854, S. 231. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich03_1854/241>, abgerufen am 26.11.2024.