Der große Festzug zerfiel in drei einzelne Haupt¬ züge, von denen der erste die Nürnbergische Bür¬ ger-, Kunst- und Gewerbswelt, der zweite den Kaiser mit Reichsrittern und Helden und der dritte einen mittelalterlichen Mummenschanz um¬ faßte, wie von der reichen Stadt dem gekrönten Gast etwa gegeben wurde. In diesem letzten Theile, welcher recht eigentlich ein Traum im Traume genannt werden konnte, in welchem die in historische Vergangenheit sich Zurückträumen¬ den mit den Sinnen dieser Vergangenheit das Mährchen und die Sage schauten, hatten die drei Freunde ihren Raum gewählt, um als verdop¬ pelte Phantasiegebilde dem Phantasiebilde der gestorbenen Reichsherrlichkeit vorzutanzen.
Die Töchter, Schwestern und Bräute vieler Künstler hatten sich artig und froh ergeben, dem lebendigen Kunstwerke zum höchsten Schmucke zu gereichen, in manchem Hause waren die Hände geschäftig, schöne Frauenkörper in die weiblichen Prachtgewänder der alten Reichsstadt zu kleiden, und es war nicht das geringste Vergnügen der Künstler, auch hier die Hand anzulegen und, die
Der große Feſtzug zerfiel in drei einzelne Haupt¬ zuͤge, von denen der erſte die Nuͤrnbergiſche Buͤr¬ ger-, Kunſt- und Gewerbswelt, der zweite den Kaiſer mit Reichsrittern und Helden und der dritte einen mittelalterlichen Mummenſchanz um¬ faßte, wie von der reichen Stadt dem gekroͤnten Gaſt etwa gegeben wurde. In dieſem letzten Theile, welcher recht eigentlich ein Traum im Traume genannt werden konnte, in welchem die in hiſtoriſche Vergangenheit ſich Zuruͤcktraͤumen¬ den mit den Sinnen dieſer Vergangenheit das Maͤhrchen und die Sage ſchauten, hatten die drei Freunde ihren Raum gewaͤhlt, um als verdop¬ pelte Phantaſiegebilde dem Phantaſiebilde der geſtorbenen Reichsherrlichkeit vorzutanzen.
Die Toͤchter, Schweſtern und Braͤute vieler Kuͤnſtler hatten ſich artig und froh ergeben, dem lebendigen Kunſtwerke zum hoͤchſten Schmucke zu gereichen, in manchem Hauſe waren die Haͤnde geſchaͤftig, ſchoͤne Frauenkoͤrper in die weiblichen Prachtgewaͤnder der alten Reichsſtadt zu kleiden, und es war nicht das geringſte Vergnuͤgen der Kuͤnſtler, auch hier die Hand anzulegen und, die
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Der große Feſtzug zerfiel in drei einzelne Haupt¬
zuͤge, von denen der erſte die Nuͤrnbergiſche Buͤr¬
ger-, Kunſt- und Gewerbswelt, der zweite den
Kaiſer mit Reichsrittern und Helden und der
dritte einen mittelalterlichen Mummenſchanz um¬
faßte, wie von der reichen Stadt dem gekroͤnten
Gaſt etwa gegeben wurde. In dieſem letzten
Theile, welcher recht eigentlich ein Traum im
Traume genannt werden konnte, in welchem die
in hiſtoriſche Vergangenheit ſich Zuruͤcktraͤumen¬
den mit den Sinnen dieſer Vergangenheit das
Maͤhrchen und die Sage ſchauten, hatten die drei
Freunde ihren Raum gewaͤhlt, um als verdop¬
pelte Phantaſiegebilde dem Phantaſiebilde der
geſtorbenen Reichsherrlichkeit vorzutanzen.
Die Toͤchter, Schweſtern und Braͤute vieler
Kuͤnſtler hatten ſich artig und froh ergeben, dem
lebendigen Kunſtwerke zum hoͤchſten Schmucke zu
gereichen, in manchem Hauſe waren die Haͤnde
geſchaͤftig, ſchoͤne Frauenkoͤrper in die weiblichen
Prachtgewaͤnder der alten Reichsſtadt zu kleiden,
und es war nicht das geringſte Vergnuͤgen der
Kuͤnſtler, auch hier die Hand anzulegen und, die
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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 3. Braunschweig, 1854, S. 214. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich03_1854/224>, abgerufen am 25.11.2024.
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