ursprünglich Niemand besser als sie zu einem fri¬ schen Zusammenleben geschaffen war. Sie stellte daher keine gefühlvollen Betrachtungen über den Mondschein an, sondern sie rauschte muthwillig und rasch durch die Gebüsche, oder knickte halb unmuthig manchen grünen Zweig, mit dem sie mir in's Gesicht schlug, als ob sie damit Alles wegzaubern wollte, was zwischen mir und ihr lag, die Jahre, die fremde Liebe und den un¬ gleichen Stand. Sie wurde dann ganz anders, als sie erst in der Stube gewesen, und förmlich boshaft, spielte mir tausend Schabernack, verlor sich im dunkeln Dickicht, daß ich sie plötzlich zu fassen bekam, oder hob beim Springen über einen Graben das Kleid so hoch, daß ich in Verwir¬ rung gerieth. Einmal erzählte ich ihr das Aben¬ teuer, das ich als kleiner Junge mit jener Schau¬ spielerin gehabt, und vertraute ihr ganz offen, welchen Eindruck mir der erste Anblick einer blo¬ ßen Frauenbrust gemacht, so daß ich dieselbe noch immer in dem weißen Mondlicht vor mir sehe und dabei der längst entschwundenen Frau fast sehnsüchtig gedenke, während ihre Gesichtszüge und
urſpruͤnglich Niemand beſſer als ſie zu einem fri¬ ſchen Zuſammenleben geſchaffen war. Sie ſtellte daher keine gefuͤhlvollen Betrachtungen uͤber den Mondſchein an, ſondern ſie rauſchte muthwillig und raſch durch die Gebuͤſche, oder knickte halb unmuthig manchen gruͤnen Zweig, mit dem ſie mir in's Geſicht ſchlug, als ob ſie damit Alles wegzaubern wollte, was zwiſchen mir und ihr lag, die Jahre, die fremde Liebe und den un¬ gleichen Stand. Sie wurde dann ganz anders, als ſie erſt in der Stube geweſen, und foͤrmlich boshaft, ſpielte mir tauſend Schabernack, verlor ſich im dunkeln Dickicht, daß ich ſie ploͤtzlich zu faſſen bekam, oder hob beim Springen uͤber einen Graben das Kleid ſo hoch, daß ich in Verwir¬ rung gerieth. Einmal erzaͤhlte ich ihr das Aben¬ teuer, das ich als kleiner Junge mit jener Schau¬ ſpielerin gehabt, und vertraute ihr ganz offen, welchen Eindruck mir der erſte Anblick einer blo¬ ßen Frauenbruſt gemacht, ſo daß ich dieſelbe noch immer in dem weißen Mondlicht vor mir ſehe und dabei der laͤngſt entſchwundenen Frau faſt ſehnſuͤchtig gedenke, waͤhrend ihre Geſichtszuͤge und
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urſpruͤnglich Niemand beſſer als ſie zu einem fri¬
ſchen Zuſammenleben geſchaffen war. Sie ſtellte
daher keine gefuͤhlvollen Betrachtungen uͤber den
Mondſchein an, ſondern ſie rauſchte muthwillig
und raſch durch die Gebuͤſche, oder knickte halb
unmuthig manchen gruͤnen Zweig, mit dem ſie
mir in's Geſicht ſchlug, als ob ſie damit Alles
wegzaubern wollte, was zwiſchen mir und ihr
lag, die Jahre, die fremde Liebe und den un¬
gleichen Stand. Sie wurde dann ganz anders,
als ſie erſt in der Stube geweſen, und foͤrmlich
boshaft, ſpielte mir tauſend Schabernack, verlor
ſich im dunkeln Dickicht, daß ich ſie ploͤtzlich zu
faſſen bekam, oder hob beim Springen uͤber einen
Graben das Kleid ſo hoch, daß ich in Verwir¬
rung gerieth. Einmal erzaͤhlte ich ihr das Aben¬
teuer, das ich als kleiner Junge mit jener Schau¬
ſpielerin gehabt, und vertraute ihr ganz offen,
welchen Eindruck mir der erſte Anblick einer blo¬
ßen Frauenbruſt gemacht, ſo daß ich dieſelbe noch
immer in dem weißen Mondlicht vor mir ſehe
und dabei der laͤngſt entſchwundenen Frau faſt
ſehnſuͤchtig gedenke, waͤhrend ihre Geſichtszuͤge und
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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 3. Braunschweig, 1854, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich03_1854/136>, abgerufen am 22.11.2024.
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