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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854.

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lings- oder Erntelied. "He, ihr Knaben!" rief er
den jungen Fischkennern zu, welche immer noch an
ihrem Geschäfte waren, "holt ein Gefäß und sucht
ein tüchtiges Gericht Fische aus, Aale, Forellen
oder Hechte, daß die Weiber sie backen können!"

Indessen waren die Mädchen wieder in die
Stube gekommen und hatten theilweise unser
Gespräch angehört, so daß der redselige Mann
nicht verlegen war, auf einen neuen Stoff über¬
zugehen und Alle für denselben pflichtig zu ma¬
chen. Ich selbst wurde wieder still und ziemlich
befangen, da die zierliche Anna ungehört wieder
da war und leise mit einer Base flüsterte. Der Alte
sprach nun von der Ernte, von den Weinhoff¬
nungen, von den Baumfrüchten mit den Mäd¬
chen, aber Alles in einer feinen und salbungs¬
vollen Weise, mir nebenbei manche Aufklärung
gebend, wenn er meine Unbekanntschaft mit die¬
sen Dingen voraussetzte. Ich aber sagte fürder
Nichts, sondern befand mich glücklich und wohl¬
gemuth in der Nähe des lieblichen Mädchens,
ohne sie jedoch anzusehen, und nur angenehm
berührt, wenn sie einmal ihr Stimmchen erhob.

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lings- oder Erntelied. »He, ihr Knaben!« rief er
den jungen Fiſchkennern zu, welche immer noch an
ihrem Geſchaͤfte waren, »holt ein Gefaͤß und ſucht
ein tuͤchtiges Gericht Fiſche aus, Aale, Forellen
oder Hechte, daß die Weiber ſie backen koͤnnen!«

Indeſſen waren die Maͤdchen wieder in die
Stube gekommen und hatten theilweiſe unſer
Geſpraͤch angehoͤrt, ſo daß der redſelige Mann
nicht verlegen war, auf einen neuen Stoff uͤber¬
zugehen und Alle fuͤr denſelben pflichtig zu ma¬
chen. Ich ſelbſt wurde wieder ſtill und ziemlich
befangen, da die zierliche Anna ungehoͤrt wieder
da war und leiſe mit einer Baſe fluͤſterte. Der Alte
ſprach nun von der Ernte, von den Weinhoff¬
nungen, von den Baumfruͤchten mit den Maͤd¬
chen, aber Alles in einer feinen und ſalbungs¬
vollen Weiſe, mir nebenbei manche Aufklaͤrung
gebend, wenn er meine Unbekanntſchaft mit die¬
ſen Dingen vorausſetzte. Ich aber ſagte fuͤrder
Nichts, ſondern befand mich gluͤcklich und wohl¬
gemuth in der Naͤhe des lieblichen Maͤdchens,
ohne ſie jedoch anzuſehen, und nur angenehm
beruͤhrt, wenn ſie einmal ihr Stimmchen erhob.

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[73/0083] lings- oder Erntelied. »He, ihr Knaben!« rief er den jungen Fiſchkennern zu, welche immer noch an ihrem Geſchaͤfte waren, »holt ein Gefaͤß und ſucht ein tuͤchtiges Gericht Fiſche aus, Aale, Forellen oder Hechte, daß die Weiber ſie backen koͤnnen!« Indeſſen waren die Maͤdchen wieder in die Stube gekommen und hatten theilweiſe unſer Geſpraͤch angehoͤrt, ſo daß der redſelige Mann nicht verlegen war, auf einen neuen Stoff uͤber¬ zugehen und Alle fuͤr denſelben pflichtig zu ma¬ chen. Ich ſelbſt wurde wieder ſtill und ziemlich befangen, da die zierliche Anna ungehoͤrt wieder da war und leiſe mit einer Baſe fluͤſterte. Der Alte ſprach nun von der Ernte, von den Weinhoff¬ nungen, von den Baumfruͤchten mit den Maͤd¬ chen, aber Alles in einer feinen und ſalbungs¬ vollen Weiſe, mir nebenbei manche Aufklaͤrung gebend, wenn er meine Unbekanntſchaft mit die¬ ſen Dingen vorausſetzte. Ich aber ſagte fuͤrder Nichts, ſondern befand mich gluͤcklich und wohl¬ gemuth in der Naͤhe des lieblichen Maͤdchens, ohne ſie jedoch anzuſehen, und nur angenehm beruͤhrt, wenn ſie einmal ihr Stimmchen erhob. 5 *

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich02_1854/83>, abgerufen am 04.12.2024.