sein," erwiederte sie, "denn es ist spät; wenn ich nicht darauf gerechnet hätte, daß ich mit euch gehen könnte, so wäre ich auch längst fort." "Oho!" riefen die Zecher, "als ob wir nicht auch da wären! Wir Alle begleiten euch! Das soll nicht gesagt sein, daß die Judith nicht Begleiter zur Auswahl habe!" brachen auf und sorgten, noch den frischen Wein unterzubringen, während Judith mir winkte und auf dem Flur angekommen sagte: "Diese vier Heiden wollen wir schön an¬ führen!" Auf der Straße sah ich, daß der Saal, wo meine Vettern und Basen sich aufgehalten, schon dunkel war, und mehrere Leute bestätigten ihre Heimkehr. So mußte ich der Judith folgen, als sie mich durch ein dunkles Seitengäßchen in's Freie und durch einige Feldwege auf die Land¬ straße führte, daß wir einen Vorsprung gewan¬ nen und die vier Männer hinter uns rufen hör¬ ten. Indem wir eilend weiter schritten, gingen wir um einige Spannen entfernt neben einander her; ich hielt mich spröde zurück, während mein Ohr keinen Ton ihres festen und doch leichten Schrittes verlor und begierig das leise Rauschen
ſein,« erwiederte ſie, »denn es iſt ſpaͤt; wenn ich nicht darauf gerechnet haͤtte, daß ich mit euch gehen koͤnnte, ſo waͤre ich auch laͤngſt fort.« »Oho!« riefen die Zecher, »als ob wir nicht auch da waͤren! Wir Alle begleiten euch! Das ſoll nicht geſagt ſein, daß die Judith nicht Begleiter zur Auswahl habe!« brachen auf und ſorgten, noch den friſchen Wein unterzubringen, waͤhrend Judith mir winkte und auf dem Flur angekommen ſagte: »Dieſe vier Heiden wollen wir ſchoͤn an¬ fuͤhren!« Auf der Straße ſah ich, daß der Saal, wo meine Vettern und Baſen ſich aufgehalten, ſchon dunkel war, und mehrere Leute beſtaͤtigten ihre Heimkehr. So mußte ich der Judith folgen, als ſie mich durch ein dunkles Seitengaͤßchen in's Freie und durch einige Feldwege auf die Land¬ ſtraße fuͤhrte, daß wir einen Vorſprung gewan¬ nen und die vier Maͤnner hinter uns rufen hoͤr¬ ten. Indem wir eilend weiter ſchritten, gingen wir um einige Spannen entfernt neben einander her; ich hielt mich ſproͤde zuruͤck, waͤhrend mein Ohr keinen Ton ihres feſten und doch leichten Schrittes verlor und begierig das leiſe Rauſchen
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ſein,« erwiederte ſie, »denn es iſt ſpaͤt; wenn ich
nicht darauf gerechnet haͤtte, daß ich mit euch
gehen koͤnnte, ſo waͤre ich auch laͤngſt fort.«
»Oho!« riefen die Zecher, »als ob wir nicht auch
da waͤren! Wir Alle begleiten euch! Das ſoll
nicht geſagt ſein, daß die Judith nicht Begleiter
zur Auswahl habe!« brachen auf und ſorgten,
noch den friſchen Wein unterzubringen, waͤhrend
Judith mir winkte und auf dem Flur angekommen
ſagte: »Dieſe vier Heiden wollen wir ſchoͤn an¬
fuͤhren!« Auf der Straße ſah ich, daß der Saal,
wo meine Vettern und Baſen ſich aufgehalten,
ſchon dunkel war, und mehrere Leute beſtaͤtigten
ihre Heimkehr. So mußte ich der Judith folgen,
als ſie mich durch ein dunkles Seitengaͤßchen in's
Freie und durch einige Feldwege auf die Land¬
ſtraße fuͤhrte, daß wir einen Vorſprung gewan¬
nen und die vier Maͤnner hinter uns rufen hoͤr¬
ten. Indem wir eilend weiter ſchritten, gingen
wir um einige Spannen entfernt neben einander
her; ich hielt mich ſproͤde zuruͤck, waͤhrend mein
Ohr keinen Ton ihres feſten und doch leichten
Schrittes verlor und begierig das leiſe Rauſchen
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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854, S. 438. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich02_1854/448>, abgerufen am 23.11.2024.
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