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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854.

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fing leidenschaftlich an zu singen. Kaum hatte
ein Lied geendet, so begann ich ein anderes, schlug
ein rascheres Tempo an und erhob bei ausdrucks¬
vollen Stellen die Stimme, daß sie bald die An¬
deren übertönte. Verwundert, daß der Duckmäu¬
ser aus der Stadt noch besser trinken und lär¬
men könne, als sie, wollten die Burschen nicht zu¬
rückbleiben, wir feuerten uns gegenseitig an, ich
sang und sang immer zu und bemerkte erst bei
einem Rundgesange, wo ich eine Weile schweigen
mußte, daß sämmtliche Bäschen durch die Thüre
guckten und mich mit vergnügtem Erstaunen in
meiner Gloria sitzen sahen. Sie lachten mir zu,
winkten mir drohend, weil ich ihr Panier verlas¬
sen, und forderten mich auf, wieder zu tanzen.
Aber ich war nun ein gemachter und angesehener
Mann unter meinen Gesellen, ganz wie einst als
Knabe, wo ich eine Zeit lang den Renommisten
gespielt, und als einige davon sich wieder nach
Mädchen umsahen, brach ich mit zwei wilden
Jünglingen auf, das Städtchen zu durchziehen.
Arm in Arm stürmte ich mit den gesunden Bauers¬
söhnen über die Straße, wir gaben uns die lu¬

fing leidenſchaftlich an zu ſingen. Kaum hatte
ein Lied geendet, ſo begann ich ein anderes, ſchlug
ein raſcheres Tempo an und erhob bei ausdrucks¬
vollen Stellen die Stimme, daß ſie bald die An¬
deren uͤbertoͤnte. Verwundert, daß der Duckmaͤu¬
ſer aus der Stadt noch beſſer trinken und laͤr¬
men koͤnne, als ſie, wollten die Burſchen nicht zu¬
ruͤckbleiben, wir feuerten uns gegenſeitig an, ich
ſang und ſang immer zu und bemerkte erſt bei
einem Rundgeſange, wo ich eine Weile ſchweigen
mußte, daß ſaͤmmtliche Baͤschen durch die Thuͤre
guckten und mich mit vergnuͤgtem Erſtaunen in
meiner Gloria ſitzen ſahen. Sie lachten mir zu,
winkten mir drohend, weil ich ihr Panier verlaſ¬
ſen, und forderten mich auf, wieder zu tanzen.
Aber ich war nun ein gemachter und angeſehener
Mann unter meinen Geſellen, ganz wie einſt als
Knabe, wo ich eine Zeit lang den Renommiſten
geſpielt, und als einige davon ſich wieder nach
Maͤdchen umſahen, brach ich mit zwei wilden
Juͤnglingen auf, das Staͤdtchen zu durchziehen.
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[427/0437] fing leidenſchaftlich an zu ſingen. Kaum hatte ein Lied geendet, ſo begann ich ein anderes, ſchlug ein raſcheres Tempo an und erhob bei ausdrucks¬ vollen Stellen die Stimme, daß ſie bald die An¬ deren uͤbertoͤnte. Verwundert, daß der Duckmaͤu¬ ſer aus der Stadt noch beſſer trinken und laͤr¬ men koͤnne, als ſie, wollten die Burſchen nicht zu¬ ruͤckbleiben, wir feuerten uns gegenſeitig an, ich ſang und ſang immer zu und bemerkte erſt bei einem Rundgeſange, wo ich eine Weile ſchweigen mußte, daß ſaͤmmtliche Baͤschen durch die Thuͤre guckten und mich mit vergnuͤgtem Erſtaunen in meiner Gloria ſitzen ſahen. Sie lachten mir zu, winkten mir drohend, weil ich ihr Panier verlaſ¬ ſen, und forderten mich auf, wieder zu tanzen. Aber ich war nun ein gemachter und angeſehener Mann unter meinen Geſellen, ganz wie einſt als Knabe, wo ich eine Zeit lang den Renommiſten geſpielt, und als einige davon ſich wieder nach Maͤdchen umſahen, brach ich mit zwei wilden Juͤnglingen auf, das Staͤdtchen zu durchziehen. Arm in Arm ſtuͤrmte ich mit den geſunden Bauers¬ ſoͤhnen uͤber die Straße, wir gaben uns die lu¬

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854, S. 427. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich02_1854/437>, abgerufen am 24.11.2024.