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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854.

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treffen, auch um Anna aufzunehmen, im Falle
ihr die Sache nicht zusagen würde. Der Oheim
und die Frau blieben zu Hause, um andere Herum¬
schwärmer zu bewirthen und abwechselnd etwa
sich in der Nähe umzusehen. Anna, Rudolph
der Harras und ich aber setzten uns nun zu
Pferde, escortirt von dem klirrenden Müller.
Dieser hatte für mich unter seinen Pferden einen
ehrlichen Braunen ausgesucht und über den Sat¬
tel zu mehrerer Sicherheit einen Schafpelz ge¬
schnallt. Doch kümmerte ich mich im mindesten
nicht um die Reitkunst und da auch kein Mensch
sich um dergleichen bekümmerte, so schwang ich
mich ganz unbefangen auf den Braunen und
tummelte denselben mit einer Keckheit herum, die
ich jetzt gar nicht mehr begreife. Auf dem Lande
kann Jedermann reiten, der von einem dressirten
Pferde herunterfallen würde. So ritten wir statt¬
lich das Dorf hinauf und gaben nun selbst ein
Schauspiel für die Leute, welche zurückblieben,
und für eine Menge Kinder, welche uns nachlie¬
fen, bis eine andere Gruppe ihre Aufmerksamkeit
erregte. Vor dem Dorfe sahen wir es bunt und

treffen, auch um Anna aufzunehmen, im Falle
ihr die Sache nicht zuſagen wuͤrde. Der Oheim
und die Frau blieben zu Hauſe, um andere Herum¬
ſchwaͤrmer zu bewirthen und abwechſelnd etwa
ſich in der Naͤhe umzuſehen. Anna, Rudolph
der Harras und ich aber ſetzten uns nun zu
Pferde, escortirt von dem klirrenden Muͤller.
Dieſer hatte fuͤr mich unter ſeinen Pferden einen
ehrlichen Braunen ausgeſucht und uͤber den Sat¬
tel zu mehrerer Sicherheit einen Schafpelz ge¬
ſchnallt. Doch kuͤmmerte ich mich im mindeſten
nicht um die Reitkunſt und da auch kein Menſch
ſich um dergleichen bekuͤmmerte, ſo ſchwang ich
mich ganz unbefangen auf den Braunen und
tummelte denſelben mit einer Keckheit herum, die
ich jetzt gar nicht mehr begreife. Auf dem Lande
kann Jedermann reiten, der von einem dreſſirten
Pferde herunterfallen wuͤrde. So ritten wir ſtatt¬
lich das Dorf hinauf und gaben nun ſelbſt ein
Schauſpiel fuͤr die Leute, welche zuruͤckblieben,
und fuͤr eine Menge Kinder, welche uns nachlie¬
fen, bis eine andere Gruppe ihre Aufmerkſamkeit
erregte. Vor dem Dorfe ſahen wir es bunt und

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[354/0364] treffen, auch um Anna aufzunehmen, im Falle ihr die Sache nicht zuſagen wuͤrde. Der Oheim und die Frau blieben zu Hauſe, um andere Herum¬ ſchwaͤrmer zu bewirthen und abwechſelnd etwa ſich in der Naͤhe umzuſehen. Anna, Rudolph der Harras und ich aber ſetzten uns nun zu Pferde, escortirt von dem klirrenden Muͤller. Dieſer hatte fuͤr mich unter ſeinen Pferden einen ehrlichen Braunen ausgeſucht und uͤber den Sat¬ tel zu mehrerer Sicherheit einen Schafpelz ge¬ ſchnallt. Doch kuͤmmerte ich mich im mindeſten nicht um die Reitkunſt und da auch kein Menſch ſich um dergleichen bekuͤmmerte, ſo ſchwang ich mich ganz unbefangen auf den Braunen und tummelte denſelben mit einer Keckheit herum, die ich jetzt gar nicht mehr begreife. Auf dem Lande kann Jedermann reiten, der von einem dreſſirten Pferde herunterfallen wuͤrde. So ritten wir ſtatt¬ lich das Dorf hinauf und gaben nun ſelbſt ein Schauſpiel fuͤr die Leute, welche zuruͤckblieben, und fuͤr eine Menge Kinder, welche uns nachlie¬ fen, bis eine andere Gruppe ihre Aufmerkſamkeit erregte. Vor dem Dorfe ſahen wir es bunt und

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854, S. 354. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich02_1854/364>, abgerufen am 23.11.2024.