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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854.

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tigen Kühen, bekränzt und mit Schellen versehen,
kam heran, begleitet von einer großen Menge
junger Bursche und Mädchen, um das Thal
hinauf zu ziehen in die anderen Dörfer und so
eine Bergfahrt vorzustellen. Die Leute hatten
nur ihre altherkömmliche Sonntagstracht anzuzie¬
hen gebraucht, mit Ausschluß aller eingedrunge¬
nen Neuheiten und Hinzufügung einiger Pracht¬
stücke ihrer Aeltern oder Großältern, um ganz
festlich und malerisch auszusehen, und der stärkste
Anachronismus waren die kurzen Pfeifen, welche
die Bursche unbekümmert im Munde trugen.
Die frischen Hemdärmel der Jünglinge und Mäd¬
chen, ihre rothen Westen und blumigen Mieder
leuchteten weithin in frohem Gewimmel, und als
sie vor unserem Hause und der benachbarten
Mühle anhielten und unter den Bäumen plötz¬
lich das bunteste Gewühl entstand, von Gesang,
Jauchzen und Gelächter begleitet, als sie mit lau¬
tem Grüßen einen Frühtrunk verlangten, da fuh¬
ren wir vom reichlichen Frühstück, um welches
wir, mit Ausnahme Anna's, schon angekleidet ver¬
sammelt waren, lustig auf und die Freude über¬

tigen Kuͤhen, bekraͤnzt und mit Schellen verſehen,
kam heran, begleitet von einer großen Menge
junger Burſche und Maͤdchen, um das Thal
hinauf zu ziehen in die anderen Doͤrfer und ſo
eine Bergfahrt vorzuſtellen. Die Leute hatten
nur ihre altherkoͤmmliche Sonntagstracht anzuzie¬
hen gebraucht, mit Ausſchluß aller eingedrunge¬
nen Neuheiten und Hinzufuͤgung einiger Pracht¬
ſtuͤcke ihrer Aeltern oder Großaͤltern, um ganz
feſtlich und maleriſch auszuſehen, und der ſtaͤrkſte
Anachronismus waren die kurzen Pfeifen, welche
die Burſche unbekuͤmmert im Munde trugen.
Die friſchen Hemdaͤrmel der Juͤnglinge und Maͤd¬
chen, ihre rothen Weſten und blumigen Mieder
leuchteten weithin in frohem Gewimmel, und als
ſie vor unſerem Hauſe und der benachbarten
Muͤhle anhielten und unter den Baͤumen ploͤtz¬
lich das bunteſte Gewuͤhl entſtand, von Geſang,
Jauchzen und Gelaͤchter begleitet, als ſie mit lau¬
tem Gruͤßen einen Fruͤhtrunk verlangten, da fuh¬
ren wir vom reichlichen Fruͤhſtuͤck, um welches
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[351/0361] tigen Kuͤhen, bekraͤnzt und mit Schellen verſehen, kam heran, begleitet von einer großen Menge junger Burſche und Maͤdchen, um das Thal hinauf zu ziehen in die anderen Doͤrfer und ſo eine Bergfahrt vorzuſtellen. Die Leute hatten nur ihre altherkoͤmmliche Sonntagstracht anzuzie¬ hen gebraucht, mit Ausſchluß aller eingedrunge¬ nen Neuheiten und Hinzufuͤgung einiger Pracht¬ ſtuͤcke ihrer Aeltern oder Großaͤltern, um ganz feſtlich und maleriſch auszuſehen, und der ſtaͤrkſte Anachronismus waren die kurzen Pfeifen, welche die Burſche unbekuͤmmert im Munde trugen. Die friſchen Hemdaͤrmel der Juͤnglinge und Maͤd¬ chen, ihre rothen Weſten und blumigen Mieder leuchteten weithin in frohem Gewimmel, und als ſie vor unſerem Hauſe und der benachbarten Muͤhle anhielten und unter den Baͤumen ploͤtz¬ lich das bunteſte Gewuͤhl entſtand, von Geſang, Jauchzen und Gelaͤchter begleitet, als ſie mit lau¬ tem Gruͤßen einen Fruͤhtrunk verlangten, da fuh¬ ren wir vom reichlichen Fruͤhſtuͤck, um welches wir, mit Ausnahme Anna's, ſchon angekleidet ver¬ ſammelt waren, luſtig auf und die Freude uͤber¬

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854, S. 351. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich02_1854/361>, abgerufen am 23.11.2024.