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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854.

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meister von der Trefflichkeit meines Vorschlages.
Obgleich die Rolle der Bertha von Brunneck
gänzlich wegfiel, so konnte sie doch als stumme
Person das ritterliche Gefolge Geßler's verherr¬
lichen. Dieses war sonst vom Volkshumor ziem¬
lich schofel und wild, und besonders der Tyrann
sehr fratzenhaft und lächerlich dargestellt worden;
dagegen hatte ich nun durchgesetzt, daß der Aufzug
des Landvogts recht glänzend und herrisch sein
müsse, weil der Sieg über einen elenden Wider¬
sacher nichts Absonderliches sei. Ich selbst hatte den
Rudenz übernommen, auch sein Verhältniß zum
Attinghausen fiel weg und erst am Schlusse
hatte "er zum Volke überzugehen", so daß mir
viel Freiheit und Zeit zu mancher Aushülfe und
vor Allem wenig zu sprechen blieb. Einer der
Vettern machte Rudolph den Harras und Anna
konnte also sich im Schutze von zwei Verwand¬
ten befinden. Zufällig war die Originalausgabe
von Schiller gar nicht bekannt im Hause, und
selbst der Schulmeister las diesen Dichter nicht,
weil seine Bildung nach anderen Seiten hin
strebte; also ahnte kein Mensch die Beziehungen,

meiſter von der Trefflichkeit meines Vorſchlages.
Obgleich die Rolle der Bertha von Brunneck
gaͤnzlich wegfiel, ſo konnte ſie doch als ſtumme
Perſon das ritterliche Gefolge Geßler's verherr¬
lichen. Dieſes war ſonſt vom Volkshumor ziem¬
lich ſchofel und wild, und beſonders der Tyrann
ſehr fratzenhaft und laͤcherlich dargeſtellt worden;
dagegen hatte ich nun durchgeſetzt, daß der Aufzug
des Landvogts recht glaͤnzend und herriſch ſein
muͤſſe, weil der Sieg uͤber einen elenden Wider¬
ſacher nichts Abſonderliches ſei. Ich ſelbſt hatte den
Rudenz uͤbernommen, auch ſein Verhaͤltniß zum
Attinghauſen fiel weg und erſt am Schluſſe
hatte »er zum Volke uͤberzugehen«, ſo daß mir
viel Freiheit und Zeit zu mancher Aushuͤlfe und
vor Allem wenig zu ſprechen blieb. Einer der
Vettern machte Rudolph den Harras und Anna
konnte alſo ſich im Schutze von zwei Verwand¬
ten befinden. Zufaͤllig war die Originalausgabe
von Schiller gar nicht bekannt im Hauſe, und
ſelbſt der Schulmeiſter las dieſen Dichter nicht,
weil ſeine Bildung nach anderen Seiten hin
ſtrebte; alſo ahnte kein Menſch die Beziehungen,

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[347/0357] meiſter von der Trefflichkeit meines Vorſchlages. Obgleich die Rolle der Bertha von Brunneck gaͤnzlich wegfiel, ſo konnte ſie doch als ſtumme Perſon das ritterliche Gefolge Geßler's verherr¬ lichen. Dieſes war ſonſt vom Volkshumor ziem¬ lich ſchofel und wild, und beſonders der Tyrann ſehr fratzenhaft und laͤcherlich dargeſtellt worden; dagegen hatte ich nun durchgeſetzt, daß der Aufzug des Landvogts recht glaͤnzend und herriſch ſein muͤſſe, weil der Sieg uͤber einen elenden Wider¬ ſacher nichts Abſonderliches ſei. Ich ſelbſt hatte den Rudenz uͤbernommen, auch ſein Verhaͤltniß zum Attinghauſen fiel weg und erſt am Schluſſe hatte »er zum Volke uͤberzugehen«, ſo daß mir viel Freiheit und Zeit zu mancher Aushuͤlfe und vor Allem wenig zu ſprechen blieb. Einer der Vettern machte Rudolph den Harras und Anna konnte alſo ſich im Schutze von zwei Verwand¬ ten befinden. Zufaͤllig war die Originalausgabe von Schiller gar nicht bekannt im Hauſe, und ſelbſt der Schulmeiſter las dieſen Dichter nicht, weil ſeine Bildung nach anderen Seiten hin ſtrebte; alſo ahnte kein Menſch die Beziehungen,

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854, S. 347. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich02_1854/357>, abgerufen am 23.11.2024.